Paddington Bär:Endlich echter Engländer

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Rote Gummistiefel, gelber Hut und dazu ein kuscheliges Fell: Paddington Bär, der berühmteste Flüchtling der Britischen Inseln, hat nun einen britischen Pass bekommen. (Foto: IMAGO/Avalon/IMAGO/Avalon.red)

Nach 66 Jahren als berühmtester Flüchtling der Britischen Inseln ist das Aufenthaltsrecht von Paddington Bär geklärt. Mit seinem neuen britischen Pass darf er sogar in sein Geburtsland Peru ausreisen.

Von Alexander Menden

Als die Produzenten des dritten Teils der „Paddington“-Kinofilmreihe, der im November anlaufen wird, beim britischen Innenministerium anfragten, ob der titelgebende Bär eventuell für die Dreharbeiten einen Pass haben könnte, hofften sie im Bestfall auf eine möglichst gute Replika. Was sie bekamen, war etwas, das wie ein echter, offizieller Pass aussah, einschließlich Ablaufdatum (2034), Geburtsort („Peru“), besonderer Kennzeichen („Bär“) und Nationalität („Britischer Bürger“).

Damit hat der beliebteste fiktive Flüchtling der Britischen Inseln endlich einen gesicherten Aufenthaltsstatus in seiner Wahlheimat England – 66 Jahre nach seiner Ankunft in London. Denn den ersten Band der Kinderbuchreihe „Paddington Bär“ veröffentlichte sein Schöpfer Michael Bond schon 1958. Die knuddelige Figur verdankt ihren Namen bekanntlich dem Londoner Bahnhof, in dem Familie Brown den Bären findet und adoptiert.

„Es gibt keinen traurigeren Anblick als Flüchtlinge.“

Inspiriert hatten Bond jüdische Kinder, die mit den Kindertransporten vom Kontinent auf die Insel gebracht worden waren. „Sie hatten alle ein Schild mit ihrem Namen und ihrer Adresse um den Hals und einen kleinen Koffer oder ein Paket mit ihren Habseligkeiten“, erinnerte Bond sich 2017 an seine Eindrücke von 1938, als Soldat im Bahnhof von Reading. „Paddington war also in gewisser Weise ein Flüchtling, und ich glaube, es gibt keinen traurigeren Anblick als Flüchtlinge“.

Dieser Flüchtlingsstatus hat in den Paddington-Büchern immer wieder eine Rolle gespielt. Bei seinem ersten Auftritt hat der Bär „aus dem tiefsten, dunkelsten Peru“ statt eines Passes nur ein Schild mit der Aufschrift „Bitte kümmert euch um diesen Bären. Danke.“ um den Hals. Und noch in „Paddington Here and Now“ (2008) gerät er wegen seines ungeklärten Aufenthaltsrechts in Schwierigkeiten, als er der Polizei den Diebstahl eines Einkaufswagens melden will.

Auch in der britischen Immigrationsdebatte ist Paddington wiederholt zur Symbolfigur geworden. So hängten Aktivisten der Paddington-Statue im gleichnamigen Bahnhof 2006 ein Schild mit der Aufschrift „Immigrant“ um den Hals. Und als Innenministerin Priti Patel 2022 beschloss, dass künftig Asylsuchende, die illegal einreisen, nach Ruanda ausgeflogen werden, formierte sich Widerstand in Patels eigenem Haus: Ministeriumsangestellte hängten Kopien eines offiziell aussehenden Dokuments in ihren Büros auf. Es stellte neben dem Bild des winkenden Paddington die Frage: „Haben Sie dieses Individuum gesehen?“ Darunter ein Steckbrief mit Angaben wie „Angebliches Herkunftsland: ‚dunkelstes‘ Peru“ und „Einreise ins Vereinigte Königreich: heimlich, über irreguläre Route, per Boot, kein Visum“.

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Dem ironischen Vermerk „Hat möglicherweise wichtige Netzwerke infiltriert, einschließlich jenes des Buckingham-Palastes“ war der Screenshot einer Szene aus dem berühmten Kurzfilm beigegeben, in dem Königin Elizabeth II. mit Paddington Tee trinkt. Diese Sequenz, die 2022, drei Monate vor dem Tod der Monarchin, herauskam, hatte Paddington endgültig zum britischen Nationalschatz erhoben.

Im neuen Film „Paddington in Peru“ darf er nun in sein Geburtsland zurückkehren. Und dank des frisch ausgefertigten Passes muss er auch keine Angst haben, bei seiner Rückkehr nach England nicht wieder ins Land gelassen oder nach Ruanda ausgeflogen zu werden.

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