Vor Gericht:Mildes Urteil für gescheiterten Versicherungsbetrug

Prozess um vorgetäuschten Tod in der Ostsee am Landgericht Kiel 2021

Die angeklagte Ehefrau und ihr Mann zusammen mit ihren Verteidigern vor der Urteilsverkündung im Landgericht Kiel.

(Foto: Frank Molter/dpa)

Der Angeklagte hatte seinen Tod auf der Ostsee vorgetäuscht, um gemeinsam mit seiner Frau mehrere Millionen Euro bei seinen Versicherungen zu ergaunern. Doch der Plan ging nicht auf.

Von Peter Burghardt

Es war ein bizarrer Plan, er ging nur nicht auf. Ein Mann, so die Ankläger, wollte seinen Tod auf der Ostsee vortäuschen, seine Frau und seine Mutter sollten das Geld der Lebensversicherungen einstreichen. Stattdessen wurde der mutmaßliche Betrüger nach monatelangem Versteckspiel von der Polizei abgeführt. Inzwischen ist er wieder frei, und ins Gefängnis muss er nach jetzigem Stand auch nicht mehr: Das Kieler Landgericht verurteilte den Hauptangeklagten am Mittwoch zu einem Jahr und neun Monaten und seine Frau, die Mitangeklagte, zu einem Jahr Haft auf Bewährung.

Am 7. Oktober 2019 war der 53-Jährige aus Norddeutschland in einem Motorboot bei Kiel aufs Meer hinausgefahren, Richtung Dänemark. Er hatte dort ein Quartier gebucht und kam nie an. Drei Tage später gab seine gleichaltrige Frau eine Vermisstenanzeige auf. Das havarierte Boot fanden die Ermittler allerdings in Sichtweite des Schönberger Strandes in einem offensichtlich manipulierten Zustand im Wasser, Schwimmwesten und Schlauchboot fehlten. Und bei der Recherche fiel ihnen noch etwas auf: 14 Risiko-, Lebens- und Unfallversicherungen waren abgeschlossen worden, im Sterbefall sollten 4,1 Millionen Euro zusammenkommen. Das Ehepaar hatte finanzielle Probleme.

Laut der Anklage bemühte sich die Frau bei der Polizei "in engem Austausch mit ihrem Mann" im Rahmen des Vermisstenverfahrens um eine polizeiliche Bestätigung für seinen Tod. Es wäre jedoch ein Beschluss des Amtsgerichts nötig gewesen. Am 7. Mai 2020 entdeckten Fahnder den Verschollenen dann im Dachboden seiner Mutter in Niedersachsen, sieben Monate nach seinem Verschwinden. Er verbarg sich hinter Kisten, sein Ehering soll im Schein der Taschenlampe gefunkelt haben.

Die Staatsanwaltschaft forderte wegen versuchtem Versicherungsbetrug in besonders schwerem Fall vier Jahre Haft für ihn und zwei Jahre und zehn Monate für sie. Die Verteidigung dagegen verlangte Freispruch, ihr Argument: Die Angeklagten seien bei ihrer Tat in der Vorbereitung hängen geblieben, was straffrei sei. Die Richter waren einer tendenziell ähnlichen, aber nicht derselben Ansicht.

Nur in einem Fall ein versuchter Betrug

Demnach stand bei 13 Versicherungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass eine Sterbeurkunde für die Auszahlung nötig sei, nur in einer nicht explizit. In dem einen Fall sollen die Beschuldigten der Ansicht gewesen sein, dass schon eine einfache Todesmeldung reichen würde, das galt dem Gericht als versuchter Betrug. Den Mann entließ die Kammer vor einer Woche dennoch aus der Untersuchungshaft, Begründung: Ein tragfähiger Haftgrund liege nicht mehr vor, "da nach jetzigem Verfahrensstand der dringende Tatverdacht überwiegend entfallen ist", wie ein Gerichtssprecher erläuterte. Zu Beginn des Prozesses war der vermeintliche Tote aus der Ostsee, der lebendig wieder in einem niedersächsischen Speicher auftauchte, in Handschellen in den Saal geführt worden, jetzt verlässt er ihn auf Bewährung.

Das Verfahren gegen die 87 Jahre alte Mutter des Verurteilten wurde aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Gegen das Urteil gegen Sohn und Schwiegertochter können Rechtsmittel eingelegt werden.

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