Süddeutsche Zeitung

Ostersegen des Papstes:"Lassen wir den Frieden Christi in unser Leben"

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Bei seinem traditionellen Ostersegen warnt das katholische Kirchenoberhaupt davor, sich an den Krieg zu gewöhnen. Frieden sei nicht nur möglich, sondern eine Pflicht für alle Gläubigen.

Papst Franziskus hat zu Ostern das Ende des Ukrainekriegs gefordert und an Krisen und Konflikte weltweit erinnert. Der Frieden sei möglich, eine Pflicht und die vorrangige Verantwortung aller, so das Kirchenoberhaupt in seiner Osterbotschaft am Sonntag auf der Mittelloggia des Petersdoms in Rom.

Jeder Krieg habe Auswirkungen für die gesamte Menschheit: von den Todesfällen über das Flüchtlingsdrama bis hin zur Wirtschafts- und Ernährungskrise, deren Vorboten derzeit bereits erkennbar seien, erklärte Franziskus. Bei diesem Blutvergießen und der Gewalt falle es schwer zu glauben, dass Jesus wirklich auferstanden sei, so Franziskus weiter. Aber dies sei keine Illusion. "Die Wunden am Leib des auferstandenen Jesus sind Zeichen des Kampfes, den er für uns mit den Waffen der Liebe geführt und gewonnen hat, damit wir in Frieden leben können", erklärte das Kirchenoberhaupt.

Nach zwei Jahren Osterfeierlichkeiten im Corona-Lockdown fand die Ansprache des Papstes wieder vor Tausenden Pilgern auf dem Petersplatz und weit darüber hinaus statt. Diese nutzte der 85-Jährige, um an die vielen Krisenherde weltweit zu erinnern, im Nahen Osten, in Syrien und Myanmar, im Libanon, Libyen und Jemen; ebenso in Afrika und Lateinamerika. "Lassen wir den Frieden Christi in unser Leben, in unsere Häuser, in unsere Länder eintreten", so Franziskus.

Im Anschluss an seinen Appell erteilte der Nachfolger Petri den Segen "Urbi et orbi". Die traditionelle Formel, die nach ihrem lateinischen Titel der Stadt Rom und dem Erdkreis gilt, markiert einen Höhepunkt der römischen Osterfeierlichkeiten. Katholische Gläubige können dadurch einen Ablass ihrer Sündenstrafen erhalten.

"Wir alle beten mit euch und für euch in dieser Dunkelheit"

Zuvor ist mit einer stimmungsvollen Feier im Petersdom die Osternacht im Gedenken an die Auferstehung Jesu Christi zelebriert worden. Papst Franziskus wandte sich dabei am Ende der Predigt direkt an Iwan Fedorow, den Bürgermeister der südukrainischen Stadt Melitopol, der als Gast in der ersten Reihe saß. "Wir alle beten mit euch und für euch", sagte Franziskus, "in dieser Dunkelheit, in der ihr lebt, der Dunkelheit des Krieges, der Grausamkeit". Er sprach den Ukrainern Mut zu. Fedorow war im Krieg von den Russen entführt und erst im Zuge eines Gefangenenaustausches freigelassen worden. Zusammen mit Parlamentariern war er im Vatikan zu Gast. Franziskus schloss seine Predigt mit dem Satz "Christus ist auferstanden" auf Ukrainisch.

Der 85 Jahre alte Argentinier verzichtete erstmals in seinem Pontifikat darauf, den wichtigsten Gottesdienst des Kirchenjahres selbst zu leiten; dies übernahm Kardinaldekan Giovanni Battista Re. Franziskus, der in dieser Karwoche schon viele Veranstaltungen hinter sich hatte und zudem von Knieschmerzen geplagt wird, verfolgte die Messe großteils sitzend auf einem Sessel vor den rund 5500 Gläubigen. Neben der Predigt taufte er noch sieben Erwachsene. In der Heiligen Nacht vor dem Ostersonntag wird die Auferstehung Jesu Christi nach dessen Tod am Kreuz gefeiert.

In dieser Osternacht, so der Papst, seien "die Nächte des Krieges von leuchtenden Spuren des Todes durchzogen". Um aus dieser Finsternis herauszukommen, müsse man sich der Hoffnung Gottes öffnen. "Wir können nicht Ostern feiern", mahnte das Kirchenoberhaupt, "wenn wir weiterhin im Tod verharren; wenn wir Gefangene der Vergangenheit bleiben; wenn wir nicht den Mut haben, uns von Gott vergeben zu lassen, uns zu ändern, mit den Werken des Bösen zu brechen." Dies gelte nicht nur mit Blick auf Kriege und Konflikte, so Franziskus weiter. "Ein Christentum, das den Herrn unter den Relikten der Vergangenheit sucht und ihn im Grab der Gewohnheit einsperrt, ist ein Christentum ohne Ostern", warnte er. Jedes Mal, wenn jemand behaupte, "alles über Gott verstanden zu haben, ihn in Schemata einpassen zu können", sage der Engel am Grab: "Er ist nicht hier!"

Ebenso wenig sei es zulässig, "Gott nur in einem vorübergehenden Gefühl oder im Moment der Not suchen, um ihn dann in den konkreten Situationen und Entscheidungen des Alltags beiseite zu schieben". Stattdessen müsse die Kirche, sollten Christen sich "ohne Angst, Taktiken und Opportunismus" auf die Straßen der Welt begeben, "nur mit dem Wunsch, allen die Freude des Evangeliums zu bringen".

Die Zeremonie begann traditionell mit der Einzugsprozession in den dunklen Dom hinter der Osterkerze, an der zum Ruf "Lumen Christi" (Licht Christi) die Kerzen der Priester und Gläubigen in der Petersbasilika entzündet werden.

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