Süddeutsche Zeitung

Orkantief "Christian":Mindestens sieben Menschen sterben im Sturm

Der erste schwere Herbststurm dieses Jahres hat seit Sonntag mindestens sieben Todesopfer gefordert. In ganz Norddeutschland sorgt Tief "Christian" für heftige Behinderungen im Bahnverkehr. Auch der Hamburger Flughafen ist teilweise lahmgelegt.

Züge rollen nicht mehr, Strom fällt aus, Handys haben kein Netz, Bäume stürzen um, Dachteile fliegen umher und auf Sylt hat der Wind aus Sand und Unrat einen dicken Nebel erschaffen - Orkantief Christian hat den Norden Deutschlands fest im Griff. Mindestens sieben Menschen sind bisher ums Leben gekommen.

In Gelsenkirchen erschlug ein Baum zwei Insassen eines Autos. Der Fahrer und ein junger Beifahrer starben bei dem Unfall, ein anderes Kind sei schwer verletzt, ein weiteres leicht verletzt worden. Die Überlebenden seien schwer traumatisiert, sagte ein Polizeisprecher. Das Auto war von Essen nach Gelsenkirchen unterwegs, als es von einem "großen Baum" mitten auf dem Dach getroffen wurde.

Auch auf einer Landstraße bei Jever in Niedersachsen ist ein Baum auf das Auto einer Frau gestürzt. Wie ein Polizeisprecher sagte, starb die Frau noch an der Unfallstelle. Am Montagnachmittag ist zudem ein Mann in Flensburg von einem Baum erschlagen worden. Näheres war zunächst nicht bekannt. in Göhl bei Oldenburg in Holstein wurde eine 66 Jahre alte Frau von einer umstürzenden Mauer erschlagen, wie die Polizei am Abend mitteilte. Sie hatte mit ihrem Mann im Garten heruntergefallene Äste aufgesammelt, als sie von der fast drei Meter hohen Mauer verschüttet wurde. Der Herbststurm hatte seit Sonntag auch schon einen Segler und einen Angler getötet.

Christian ist der erste schwere Herbststurm des Jahres. Auf der ostfriesischen Insel Spiekeroog blies der Orkan mit bis zu 158 Kilometern, auf der Hallig Hooge südlich von Sylt mit 148. Besonders Niedersachsen war von den Auswirkungen des Sturms betroffen. Im Gifhorner Nordkreis verletzten sich zwei Autofahrer, als ihr Wagen gegen eine umgekippte Birke auf der Fahrbahn prallte.

Umgestürzte Bäume sorgten für Sperrungen auf mehreren wichtigen Bahnstrecken, sodass Tausende von Fahrgästen in den Bahnhöfen festsaßen. Am Nachmittag wurde der komplette Regionalverkehr in Schleswig-Holstein eingestellt. Mitarbeiter der Bahn mussten immer wieder mit speziellem Gerät ausrücken, um Störungen zu beseitigen. Auch die wichtigen Fernverbindungen zwischen Bremen, Hannover, Hamburg und Berlin wurden blockiert.

Der Betrieb am Flughafen Hamburg kam durch den Sturm ebefalls teilweise zum Erliegen. Bis zu 1300 Fluggäste mussten in ihren gelandeten Maschinen ausharren, weil die Abfertigung eingestellt werden musste. Mehrere Flüge nach Hamburg wurden gestrichen, Abflüge verspäteten sich. Erst am späten Nachmittag normalisierte sich der Verkehr wieder.

Wohnhaus evakuiert, Tierpark geschlossen

Umgestürzte Bäume machten auch den Reisenden im Straßenverkehr zu schaffen. In Osnabrück wurde ein Haus evakuiert, nachdem ein Baum auf das Gebäude gefallen war. Wegen des Sturmes wurde der Tierpark Nordhorn aus Sicherheitsgründen geschlossen, da die dortigen alten Bäume zu einer Gefahr für Besucher werden könnten.

Vorsorglich wurde der Fährverkehr zu einigen ostfriesischen Inseln eingeschränkt. Der Verkehr nach Wangerooge wurde sogar komplett eingestellt.

An einem Neubau der Universität Göttingen richtete Christian schwere Schäden an. Auf einer Fläche von etwa 40 bis 50 Quadratmetern seien durch Böen schwere Dämmplatten aus der Fassade herausgerissen worden und in die Tiefe gestürzt, sagte ein Hochschulsprecher. Menschen seien zum Glück nicht in der Nähe gewesen. Allerdings wurden sieben geparkte Autos beschädigt und zum Teil völlig zerstört. Den Sachschaden bezifferte der Sprecher auf etwa 150.000 Euro.

Nach dem ersten schweren Sturm soll sich das Wetter jedoch in den kommenden Tagen beruhigen. Im Laufe der Woche flaut der Wind bundesweit überall ab, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. Lediglich an der See muss noch mindestens bis zum Mittwoch mit schweren Sturmböen gerechnet werden.

Von Mitte der Woche an werden bundesweit nur noch Werte zwischen 8 und 14 Grad erreicht. Nachts gibt es in den Mittelgebirgen und den Alpen leichten Frost. Auch am Donnerstag bleibt es kühl. Dazu regnet es immer wieder.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1805700
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/AFP/kfu/leja/olkl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.