Süddeutsche Zeitung

Orkan "Kyrill":Versicherer schätzen Schaden auf eine Milliarde Euro

Nach dem Orkan "Kyrill" gehen die Aufräumarbeiten weiter. Der Zugverkehr normalisiert sich, jedoch bestehen in einzelnen Regionen weiterhin Probleme. In Thüringen sind Zehntausende Haushalte noch immer ohne Strom.

Die Schäden durch Orkan "Kyrill" werden die Versicherungen rund eine Milliarde Euro kosten. Dies schätzte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Der Verband forderte Versicherte auf, Schäden umgehend zu melden. Grundlage der Schätzung ist ein Vergleich mit dem Sturmtief "Jeannett" aus dem Jahr 2002, das Schäden für 660 Millionen Euro angerichtet hatte.

Wie Pressereferent Stephan Schweda erklärte, hatte "Kyrill", der am Donnerstag über Deutschland hinweggebraust war, höhere Windgeschwindigkeiten, eine größere Ausdehnung, und er dauerte länger.

Grundsätzlich seien die meisten Schäden an Häusern und Autos versichert, erklärte Schweda. Ab Windstärke acht herrscht nach Versicherungsbedingungen Sturm. Ab dann kommen Gebäude-, Hausrat- oder Kaskoversicherungen für Schäden auf.

Meiste Schäden versichert

Bei deutschlandweiten Ereignissen müsse der Geschädigte in der Regel keinen Nachweis über die Windstärke erbringen. Gebäudeschäden, die zum Beispiel durch umgefallene oder abgebrochene Bäume, Äste, Schornsteine und Masten entstanden sind, ersetze die Wohngebäudeversicherung.

Auch Folgeschäden seien versichert, etwa wenn der Sturm das Dach abgedeckt oder Fensterscheiben eingedrückt habe und eindringende Feuchtigkeit das Parkett aufschwemmt. Für Gebäude, die sich noch im Bau befinden, ist eine Bauleistungsversicherung notwendig, wie es weiter hieß.

Sturmschäden an der Wohnungseinrichtung würden von der Hausratversicherung ersetzt. Auch hier seien Folgeschäden mitversichert. Glasversicherungen deckten Bruchschäden an Fenster- und Türscheiben sowie Glasdächern ab, Kosten für eine etwa erforderliche Notverglasung würden ebenfalls ersetzt.

Entschädigungen bei der Bahn möglich

Schäden am Auto seien durch Teil- oder Vollkaskoversicherung abgedeckt. Dabei gehe es nicht nur um Schäden, die der Sturm direkt am Wagen verursacht hat - etwa durch Umkippen des Fahrzeuges. Auch wenn ein weggewehter Ziegelstein auf das Auto fällt, ist man versichert.

Die Aufräumarbeiten nach dem Orkan gehen unterdes weiter. Der Zugverkehr normalisiert sich nach Angaben der Bahn, jedoch bestehen weiter regional Probleme. Während des Orkans hatte die Bahn am Donnerstagabend erstmals in ihrer Geschichte in fast ganz Deutschland den Verkehr gestoppt.

Nach den massiven Störungen und Zugausfällen bei der Bahn können sich Fahrgäste jetzt noch um Entschädigung bemühen. Dies teilte ein Sprecher der Bahn der dpa mit.

"Wir werden uns jeden Einzelfall anschauen und prüfen." Vermutlich können die Betroffenen auf Reisegutscheine hoffen. "In Einzelfällen werden wir aber vielleicht auch die Hotel- und Taxikosten erstatten." Wie viele Bahnreisende von den Störungen betroffen waren, ist noch unklar.

Anhaltende Probleme bei der Stromversorgung

Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nach Angaben der Bahn jedoch nicht, da ein Orkan eindeutig ein Fall von höherer Gewalt sei. Die Fahrgäste können aber auf Kulanz hoffen.

Deutschlands größter Stromnetzbetreiber RWE hat die Stromausfälle weitgehend behoben. In Thüringen waren hingegen zwei Tage nach den schweren Schäden durch den Orkan am Morgen Zehntausende Haushalte noch immer ohne Strom.

"Unser festes Ziel ist es, bis zum Abend alle 55 betroffenen Orte wieder am Netz zu haben", sagte der Sprecher der E.ON Thüringer Energie AG, Olaf Werner, in Erfurt der dpa. Bis Samstagmittag sollten zahlreiche Haushalte wieder versorgt werden.

Der Orkan hatte in Thüringen zahlreiche Stromleitungen abgerissen. Insgesamt waren 60 000 Haushalte ohne Strom. Ein Großteil davon war bis zum Freitagabend wieder am Netz. Vielerorts kamen Notstromaggregate zum Einsatz.

Reparaturarbeiten dauern an

Problematisch sei die Lage nach wie vor in einigen Regionen Südthüringens. Unterbrochen sei die Versorgung in 55 Orten in den höheren Lagen einiger Landkreise. In der Nacht waren die Reparaturarbeiten aus Sicherheitsgründen unterbrochen worden.

Auch in Brandenburg sind derzeit noch etwa 800 Haushalte ohne Strom. Wie ein Sprecher des Energieversorgers enviaM mitteilte, sind die Landkreise Dahme-Spreewald und Oberspreewald-Lausitz weiterhin stark betroffen

Es wird davon ausgegangen, dass die Haushalte im Laufe des Tages weitestgehend wieder versorgt werden. "Punktuell kann es allerdings sein, dass vereinzelte Haushalte noch keinen Strom bekommen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.921086
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
AP/dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.