Süddeutsche Zeitung

Organspende-Prozess:Göttinger Transplantationsarzt kommt aus U-Haft frei

Der frühere Leiter der Göttinger Transplantationsmedizin kommt gegen Kaution auf freien Fuß. Dennoch wird der Haftbefehl aufrecht erhalten. Wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung in den Organspende-Skandal droht ihm eine Verurteilung - unter anderem wegen Körperverletzung.

Seit August muss sich der frühere Chef der Transplantationschirurgie am Göttinger Uniklinikum wegen versuchten Totschlags in elf Fällen und Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen verantworten. Bereits seit Januar 2013 sitzt er in Untersuchungshaft - aus dieser soll er nun gegen Kaution freikommen.

Der Angeklagte wird beschuldigt, Patienten durch falsche Angaben vorzeitig zu Spenderlebern verholfen zu haben. Außerdem soll er drei Patienten Lebern ohne medizinische Notwendigkeit übertragen haben. Die Staatsanwaltschaft wertet das als Körperverletzung mit Todesfolge. In zwei dieser drei Fälle kann dem Arzt nach Ansicht des Gerichts kein strafrechtlich relevanter Vorwurf gemacht werden. Im dritten Fall komme kein Vorsatz, sondern nur Fahrlässigkeit in Betracht.

Das Landgericht Göttingen hält den Haftbefehl zwar aufrecht, setzt ihn aber gegen Auflagen außer Vollzug. Unter anderem muss der Chirurg eine halbe Million Euro Kaution stellen. Das Gericht hält eine Verurteilung des Arztes nach dem derzeitigen Stand der Beweisaufnahme für möglich.

Der Angeklagte weist die Anschuldigungen zurück. Bereits zu Beginn des Prozesses ließ er durch seine Anwälte eine Stellungnahme verlesen, laut der es am Göttinger Klinikum überhaupt keinen Mangel an Spenderorganen gegeben habe.

Nach Abschluss des Prozesses gegen den 46-Jährigen könnte gegen einen weiteren Mediziner Anklage erhoben werden. Der frühere Leiter der Gastroenterologie war während des Verfahrens von mehreren Zeugen belastet worden. Der 61-Jährige soll sie zur Manipulation medizinischer Daten veranlasst haben, um an Spenderlebern zu gelangen.

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