Süddeutsche Zeitung

Organhandel in Indonesien:"Tausche Niere gegen Auto"

Letzter Ausweg Internet: In Indonesien bieten verzweifelte Hausfrauen, Studenten und Berufstätige ihre Organe online zum Verkauf an. Die Polizei ist machtlos gegen den grausigen Handel.

"16-Jähriger verkauft Niere für 350 Millionen Rupiah (26.000 Euro) oder im Tausch gegen einen Toyota Camry." Das Angebot des Inserenten auf der indonesischen Website www.iklanoke.com ist bitterer Ernst: Zwischen Schmuck oder Schönheitsprodukten werden auf Internetseiten des südostasiatischen Landes Organe angeboten. Mit dem Geld sollen Schulden getilgt, Schulgebühren bezahlt oder auch nur ein neues Auto gekauft werden.

Wegen unzureichender Gesetze sind die Behörden weitgehend machtlos gegen den grausigen Handel. Experten mahnen eine bessere Aufklärung der Bevölkerung an.

Hunderte solcher Anzeigen sind im Internet aufgetaucht. Viele der Inserenten, darunter Studenten, Berufstätige und sogar Hausfrauen, offerieren Organe ohne Mittelsmänner, unter ihrem wahren Namen und mit direkten Kontaktnummern. Meist wird betont, dass die "Spender" nicht rauchen, weder Alkohol trinken noch Drogen nehmen und frei von Krankheiten sind. Nach Angaben von Verkäufern lassen sich mit einer Niere bis zu 15.000 Euro verdienen.

Die 18-jährige Studentin Elisa gibt an, ihre Familie habe Schulden in Höhe von Zehntausenden von Dollar, nachdem ein Feuer ihr Haus zerstört habe und der Lebensmittelladen ihres Vaters bankrott gegangen sei. "Wir wohnen nun im Haus meiner Großmutter. Meine Mutter arbeitet als Köchin und mein Vater hilft im Laden meines Onkels, aber ihre Einkommen reichen nur für Essen", erzählt Elisa am Telefon.

"Ich schulde meiner Schule die Gebühren für sechs Monate. Dann habe ich in einem Film gesehen, dass man mit dem Verkauf von Nieren schnell viel Geld machen kann. Ich will meine verkaufen, damit ich ein neues Haus kaufen und meine Schulgebühren bezahlen kann", sagt die älteste von vier Geschwistern.

Ist Armut ein "humanitärer Grund"?

In Indonesien ist der Handel mit Organen offiziell verboten. Er wird mit Gefängnis bis zu 15 Jahren und einer Geldstrafe von rund 22.000 Euro geahndet. Nach Angaben von Regierungsvertretern ist die Verfolgung allerdings schwierig: Websites wie iklanoke würden meist nicht überwacht und das Gesetz sei nur schwer durchzusetzen.

Demnach dürfen Organtransplantationen nur "aus humanitären Gründen" vorgenommen werden. Dabei sei "humanitär" nicht näher definiert, kritisiert Anas Jusuf von Interpol Indonesien. "Deshalb ist es schwierig nachzuweisen, ob aus humanitären oder kommerziellen Gründen transplantiert wird." Das genaue Ausmaß des Organhandels bleibe auch im Dunkeln, weil Transplantationen meist im Ausland stattfänden.

Der Arzt und Abgeordnete Subagyo Partodiharjo fordert eine bessere Aufklärung der Bevölkerung, vor allem in armen oder entlegenen Gegenden. "Die ärmeren Leute haben oft keine Ahnung von den Gesundheitsrisiken und lassen sich von der Aussicht auf viel Geld locken."

Der 26-jährige Angestellte Jhon weiß um die Risiken und bietet trotzdem seine Niere, seine Leber und seine Augenhornhaut zum Kauf an. "Ich kenne die Gesetze und die Risiken. Keiner will ein Körperteil verlieren und behindert sein", betont er. "Für mich ist es der letzte Ausweg. Wenn ich nicht genug verdiene, um bis Dezember die Schulden meiner Familie abzuzahlen, dann habe ich keine Wahl. Für sie würde ich alles geben, meine Nieren, meine Augen, sogar mein Leben."

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Arlina Ashad, AFP/kat/woja
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