Süddeutsche Zeitung

Argentinien:Orang-Utan Sandra kommt frei

  • Ein Orang-Utan-Weibchen ist auf Verlangen der argentinischen Justiz aus dem ehemaligen Zoo von Buenos Aires in eine Auffangstation für Menschenaffen in den USA verlegt worden.
  • Der 1986 im Rostocker Zoo geborenen "Sandra" wurden die Rechte einer "nichtmenschlichen Person" zugesprochen.
  • Das Tier wurde am Donnerstagabend per Direktflug nach Dallas gebracht.

Ein durch ein Gerichtsurteil international bekannt gewordener Orang-Utan darf künftig in einem Reservat in den USA leben. Weibchen "Sandra" wurde auf Verlangen der argentinischen Justiz am Donnerstag aus dem ehemaligen Zoo von Buenos Aires in eine Auffangstation für Menschenaffen verlegt. Die 1986 im Rostocker Zoo geborenen Affendame wurden die Rechte einer "nichtmenschlichen Person" zugesprochen, deshalb sei ihre Freilassung zwingend. Das Tier wurde per Direktflug nach Dallas gebracht - allerdings nicht als Passagier, sondern im Frachtraum.

Der Affe verbrachte nach seiner Geburt in Rostock einige Jahre im ehemaligen Ruhr-Zoo in Gelsenkirchen, bevor er 1995 nach Buenos Aires verlegt wurde. Da das 53 Kilogramm schwere Affenweibchen nicht imstande ist, sich dem Leben in der Wildnis anzupassen, soll sie zukünftig im Freigehege des "Center for Great Apes" in Florida leben. Dort sind bereits 21 weitere Orang-Utans und 31 Schimpansen untergebracht, unter ihnen "Bubbles", ehemals Haustier von Popstar Michael Jackson. Vor dem Einzug in Florida muss "Sandra" jedoch noch eine rund 40-tägige Quarantäne im Sedgwick County Zoo in Wichita im US-Bundesstaat Kansas durchstehen.

Die Argentinische Anwaltsvereinigung für Tierrechte (AFADA) hatte 2014 eine Klage eingereicht, in der es hieß, Sandra müsse eine "ungerechtfertigte Gefangenschaft" erleiden. Zwar sei der Affe biologisch nicht identisch mit dem Menschen, aber emotional. Er wäre in Freiheit glücklicher. Nach argentinischem Recht müsse der Orang-Utan mehr als eine "Person" denn als eine "Sache" angesehen werden. Das Gericht war dieser Argumentation gefolgt.

Der von den Tierschützern angestrengte Prozess trug mit dazu bei, dass der Zoo von Buenos Aires in einen Ökopark umgewandelt wurde. Bis 2023 soll dort eine Forschungs- und Bildungsstätte zum Erhalt der Artenvielfalt entstehen. Für Sandra tat sich allerdings nach dem Urteil wenig, sie lebte weiter in dem Zoo. Tierschützer erklärten daraufhin, dass die veränderten Lebensbedingungen eine Gefahr für den Orang-Utan darstellten und er in einem größeren Gehege untergebracht werden müsse. Die Richter gaben ihnen Recht.

Weltweit gibt es eine ganze Reihe von Organisationen, die dafür kämpfen, Menschenaffen Grundrechte zuzugestehen. 1993 gründeten zwei Philosophen, die Italienerin Paola Cavalieri und der Neuseeländer Peter Singer, das "Great Ape Project": Sie fordern, dass Menschenaffen das gesetzlich verankerte Recht auf Leben, Freiheit und körperliche wie psychische Unversehrtheit bekommen. Ihre Begründung: Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Bonobos sind sich ihrer selbst bewusst - wie der Mensch. Menschenaffen besitzen die Fähigkeit zu denken, zu planen und zu fühlen, sie verwenden Werkzeuge und sind dem Menschen auch genetisch sehr ähnlich. Die meisten Forscher nennen eine Übereinstimmung im Erbgut von Mensch und Menschenaffen von 98,5 Prozent.

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