Opferzahlen:Fähre sinkt mit 1400 Menschen an Bord

Bei einem der schwersten Schiffsunglücke in der Geschichte Ägyptens sind mindestens 185 Menschen ums Leben gekommen. Rund 290 Überlebende wurden bislang gerettet.

Tomas Avenarius

"Dutzende von Leichen wurden aus dem Meer gezogen", meldeten die Agenturen unter Berufung auf die Polizei. Nach Angaben der ägyptischen Behörden sind bislang 293 Schiffbrüchige gerettet worden. Auch 185 Tote wurden bereits geborgen. Die ägyptische Fähre El Salam Boccaccio 98 war in der Nacht zum Freitag etwa 90 Kilometer vor der ägyptischen Küste nahe des Badeorts Hurghada gesunken.

Da die Küstenwache und die Reederei keinen Notruf der El Salam erhalten haben wollen, muss die Fähre schnell gesunken sein. "Wir wissen derzeit weder, wie viele Opfer es gibt noch weshalb das Schiff gesunken ist", sagte ein Reedereisprecher.

Schlechtes Wetter erschwert die Suche

Ägyptens Verkehrsminister Mohammed Lutfi Mansur versprach, dass die Küstenwache alles tun werde, "um die Menschen zu retten." Allerdings erwarte man nicht, "viele Überlebende zu finden, da seit dem Untergang schon so viel Zeit vergangen ist", wurde ein Mitglied der Rettungsmannschaft zitiert.

Nach offiziellen Angaben waren mindestens 1272 Passagiere und 96 Besatzungsmitglieder an Bord des Schiffes. Schlechtes Wetter, Wind und Regen erschwerten die Such- und Rettungsaktion der ägyptischen Küstenwache. Da die El Salam sehr schnell gesunken sein muss, spekulierten Experten im ägyptischen Fernsehen, einzelne der an Bord transportierten Lastwagen könnten bei schwerem Wetter verrutscht sein und das Schiff so zum Kentern gebracht haben.

Nicht ausschließen wollten sie allerdings auch, dass die Ursache eine starke Überladung mit Passagieren war: Fährschiffe in der Region sind regelmäßig stark überbelegt mit Reisenden.

Bei den meisten Passagieren dürfte es sich um ägyptische Gastarbeiter handeln. Viele Ägypter arbeiten vergleichsweise gut bezahlt im Nachbarland Saudi Arabien. Ein Teil dürften auch verspätet heimkehrende Pilger sein, die an der jährlichen Wallfahrt nach Mekka teilgenommen hatte. Die "Hadsch", zu der auch zehntausende Ägypter reisen, hatte erst vor wenigen Tagen geendet.

Die 11.700-Tonnen-Fähre war im saudi-arabischen Hafen Dschiddah gestartet und für zwei Uhr morgens im ägyptischen Hafen Safaga, 600 Kilometer südlich von Kairo, erwartet worden. Bereits am Donnerstagabend gegen 22 Uhr brach jedoch der Funkkontakt zu der Fähre ab. Zudem verschwand das Schiff vom Radarschirm.

Es ist nicht das erste Unglück der Reederei

Hubschrauberpiloten fanden auf der Suche nach der Fähre am Freitagmorgen schließlich ein Rettungsboot und zahlreiche im Wasser treibende Leichen, hieß es. Ein Notruf sei von keiner Küstenstation aufgefangen worden, sagte Adel Schukri von der Kairoer "El Salam Maritime Transport Company", der das Schiff gehört.

Die ägyptische Nachrichtenagentur Mena berichtete jedoch, das auf derselben Route in Gegenrichtung fahrende Schiff Saint Catherine habe ein Notsignal empfangen. Der Kapitän der El Salam habe mitgeteilt, das Schiff drohe zu sinken.

Die Rettungarbeiten gestalteten sich wegen des schweren Seegangs und gefährlicher Strömungen am Unglücksort schwierig, sagte der ägyptische Verkehrsminister. Zudem ist das Rote Meer an dieser Stelle nur wenig befahren. Die ägyptische Marine entsandte vier Fregatten zum Ort der Havarie. Auch die am Persischen Golf stationierten Kriegsmarinen der USA und Großbritanniens schickten Schiffe und Flugzeuge zur Unterstützung. Die Schiffe hatten jedoch Anfahrtzeiten von mindestens zwölf Stunden.

Die verunglückte El Salam, eine so genannte Roll-on-off-Fähre, war 1970 in Italien gebaut worden und fuhr unter panamesischer Flagge. Ein Sprecher der Reederei versicherte, bei der El Salam seien sämtliche Sicherheitsbestimmungen eingehalten worden. Dennoch könnte bald Kritik an der "El Salam Maritime Transport Company" laut werden, die bereits mehrere schwere Schiffunglücke zu verkraften hatte.

Ein Schwesterschiff der El Salam, die Salam 95, war im Oktober im Roten Meer mit einem Handelsschiff aus Zypern zusammengestoßen und gesunken, zwei Menschen kamen ums Leben. Und beim Untergang der Salam-Express waren im Jahr 1991 mindestens 464 Menschen ertrunken. Die Salam-Express war in der Nähe des Hafens Safaga auf ein Korallenriff gelaufen.

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