Opfer sagt im "Maskenmann"-Prozess aus:"So etwas vergisst man nie"

Im Prozess gegen den geständigen Kindermörder Martin N. sagt zum ersten Mal eines seiner Opfer aus. Sein Peiniger stieg damals in sein Kinderzimmer und missbrauchte den heute 26-Jährigen. Doch er war es, der den entscheidenden Hinweis auf den Täter gab.

Von ihm stammte der entscheidende Hinweis, der die Polizei im Frühjahr nach Jahren der vergeblichen Fahndung nach dem "Maskenmann" schließlich zu Martin N. führte. In dem Prozess gegen den Kindermörder musste der heute 26 Jahre alte Mann jetzt noch einmal schildern, was er vor 16 Jahren mit dem Gewalttäter erlebt hatte.

Prozess gegen ´Maskenmann"

Martin N. im Verhandlungsaal des Landgerichts Stade.

(Foto: dpa)

Er sei als Kind Mitte der neunziger Jahre von Martin N. nachts in seinem Kinderzimmer sexuell missbraucht worden, sagte der Zeuge vor dem Landgericht Stade. Der Angeklagte konnte damals unerkannt entkommen. "Vergessen tut man sowas ja nie", sagte der 26-Jährige. Er sei damals wie gelähmt gewesen, habe nicht einmal schreien können. Erst als seine Schwester aufgewacht sei, habe sie den Mann in die Flucht schlagen können. "Danach ist alles ein bisschen anders gewesen, wir haben Angst gehabt, alleine zu schlafen", sagte der Zeuge. "Einfach war es für die ganze Familie nicht."

Der junge Mann ist wegen der Tat noch immer in psychischer Behandlung. Im Februar erinnerte er sich an eine Ferienfreizeit im Jahr 1995 und einen Betreuer, der ihn damals ausgefragt hatte. Er habe Skizzen von seinem Zuhause zeichnen sollen, sagte das Missbrauchsopfer. Mithilfe der neuen Hinweise machten die Ermittler Martin N. schließlich in Hamburg ausfindig.

Ein weiteres Missbrauchsopfer sagte vor Gericht nicht aus, weil es seine psychische Verfassung nicht zulasse. Andere Zeugen sagten, sie hätten die Taten verdrängt.

Der 40-Jährige Angeklagte hat vor Gericht die Morde an Dennis K., Dennis R. und Stefan J. sowie etwa 40 Fälle sexuellen Missbrauchs gestanden. Er stritt aber ab, weitere Morde begangen zu haben.

Der Polizei ist allerdings eine gravierende Ermittlungspanne unterlaufen, die zu weiteren Hinweisen führten könnte: Vor wenigen Tagen erst hat der Nachmieter des geständigen Kindermörders in dessen ehemaliger Wohnung mehrere Speichermedien gefunden. Die Datenträger, darunter eine Festplatte, sollen zumindest in Teilen verschlüsselt sein - die Informationen konnten deshalb noch nicht ausgewertet werden.

Ein Polizeisprecher zeigte sich wenig zuversichtlich, dass das Sicherungssystem zeitnah überwunden werden könne. Es sei noch immer nicht gelungen, das Passwort des nach im April beschlagnahmten Computers zu knacken. Inzwischen habe die Justiz 30.000 Euro in Hard- und Software aus den USA investiert, um an die Daten zu kommen. Der Angeklagte, der Mathematik und Physik studiert hat, hat seine Daten offenbar massiv geschützt.

Er wurde erst Anfang dieses Jahres - fast zwanzig Jahre nach dem ersten Mord - gefasst. Alle Taten ereigneten sich zwischen 1992 und 200. Die Hälfte der sexuellen Übergriffe ist inzwischen verjährt. Doch für die Opfer ist die Aufarbeitung entscheidend: Nun, da der Täter ein Gesicht habe, könne er anfangen, die Tat von damals zu verarbeiten, sagte der Zeuge, der die Polizei zu Martin N. geführt hatte.

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