Opfer an der Berliner Mauer:"Viele Totgeglaubte leben noch"

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Neue Erkenntnisse fast 18 Jahre nach der Wende: Die Zahl der Toten an der Berliner Mauer und den innerdeutschen Grenzanlagen ist offenbar niedriger als bisher angenommen.

Die genaue Zahl der Toten an der innerdeutschen Grenze steht auch kurz vor dem 18. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November nicht fest.

"Bisher gingen wir von bis zu 1000 Menschen aus, die von DDR-Grenzorganen erschossen oder auf andere Weise bei der Flucht umkamen. Tatsächlich wird sich die Zahl bei 600 bis 800 bewegen", sagte die Projektleiterin "Gedenkstätte Berliner Mauer", Maria Nooke, am Wochenende bei einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft Grenzmuseen bei Duderstadt in Niedersachsen. "Wir gehen jetzt jeder Lebensgeschichte nach und stellen fest, dass viele der Totgeglaubten noch leben."

Einige Fälle "unlösbar"

Zusammen mit dem Zentrum für zeitgeschichtliche Forschung Potsdam und ihrer Gedenkstätte sei festgestellt worden, dass allein von den 370 vermeintlichen Todesfällen von 1961 bis 1989 an der Berliner Mauer 158 angebliche Todesfälle "definitiv" ausgeschlossen werden könnten. 15 dieser Fälle bezeichnete Nooke als "unlösbar".

Auch die anderen etwa 40 Grenzmuseen und Gedenkeinrichtungen entlang der ehemaligen DDR-Grenze bemühen sich um Aufklärung. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, Robert Lebegern, sagte: "Die historische Dimension der Grenze und das Geschehen an der Grenze darf nicht unter die Räder kommen. Je weiter man von der Grenze weg geht, desto geringer sind die Kenntnisse über das, was dort geschah."

Die Museen bemühten sich jedoch durch das Heranführen von Schulklassen aus größeren Entfernungen, dieses Defizit auszugleichen. Das Interesse an den Erinnerungsstätten sei sehr groß und die Besucherzahlen unterschiedlich, aber immer noch steigend, berichtete er. Das Museum in Duderstadt zähle jährlich etwa 70.000 Besucher. Spitzenreiter sei das Museum Bernauer Straße in Berlin mit 260.000 Besuchern im Jahr.

Alle Museen entlang der Grenze erhofften sich einen beschleunigten Ausbau des "Grünen Bandes". Das würde dem Tourismus dienen und den Museen Besucher bescheren. Leider sei dieses "einzigartige Naturreservat" inzwischen in 1400 lose Einzelbiotope zerstückelt, bedauerte der Museumsgeschäftsführer in Duderstadt, Paul Schneegans.

"Viele Politiker haben vollmundig den Schutz der gesamten ehemaligen Grenze in Aussicht gestellt und jetzt werden sogar Autobahnzubringerschleifen direkt auf die grünen Streifen gebaut."

© dpa/plin/schä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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