Süddeutsche Zeitung

MeToo-Vorwürfe gegen Opernstar:Frauen werfen Plácido Domingo Belästigung vor

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Mehrere Frauen werfen dem spanischen Opernsänger und Dirigenten Plácido Domingo sexuelle Belästigung vor. Der Nachrichtenagentur AP sagten neun Frauen, der international bekannte Superstar der Opernwelt habe Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre versucht, sie in sexuelle Beziehungen zu zwingen, indem er ihnen Jobs angeboten habe. In einigen Fällen habe er die Frauen bestraft, wenn sie seine Annäherungen verweigerten.

Sieben der Frauen berichteten, sie hätten berufliche Probleme bekommen, nachdem sie sich Domingo verweigert hätten. Sie hätten versucht, Domingo unbedingt aus dem Weg zu gehen und unter anderem Kolleginnen gebeten, bei ihnen zu bleiben, wenn der Opernstar aufkreuzte. Eine Sopranistin sagte, das sei jedes Mal ein Drahtseilakt gewesen. Sechs Frauen sagten aus, sie hätten sich nach anzüglichen Annäherungsversuchen durch Domingo unwohl gefühlt. Beinahe drei Dutzend weitere Personen aus Opernkreisen sagten, sie hätten unangemessenes, sexuell gefärbtes Verhalten von Domingo beobachtet.

Die Verhaltensmuster Domingos werden von den Frauen ähnlich beschrieben: Er soll sie oft spät in der Nacht angerufen und ihnen private Treffen vorgeschlagen haben, bei denen er Karriereratschläge geben könne. Andere soll er im Auto mitgenommen haben, wo er dann zudringlich geworden sei.

Die einzige Frau, die ihren Namen nannte, ist die Mezzosopranistin Patricia Wulf, die an der Washington Opera engagiert war, wo Domingo als künstlerischer Leiter und dann als Generaldirektor arbeitete. Sie berichtete, Domingo habe ihr nach jedem Auftritt aufgelauert. Er sei dann so nah wie möglich an sie herangetreten und habe mit tiefer Stimme gefragt, "Patricia, musst du wirklich nach Hause gehen?" Sie habe ihn regelmäßig abgewiesen, aber Domingo habe unverdrossen weitergemacht. Das sei soweit gegangen, dass sie sich hinter einer Säule oder in der Garderobe vor ihm versteckt und gewartet habe, bis er endlich fort war.

"Ich will nicht, dass du dich wie eine Prostituierte fühlst"

Zwei Frauen berichteten, sie hätten dem Drängen des Opernstars nachgegeben. Eine Mezzosopranistin berichtete, sie habe Domingo 1988 mit 23 Jahren in Los Angeles kennengelernt. Er habe sie zu Hause angerufen, ohne dass sie ihm ihre Nummer gegeben habe, und ihr angeboten, sie in seinem Appartement vorsingen zu lassen und zu beraten. Immer wenn Domingo in den folgenden drei Jahren in Los Angeles gewesen sei, habe er ihr die Hand um die Hüfte gelegt, sie aufdringlich geküsst und sei unangemeldet in ihre Garderobe gekommen, nach ihrem Eindruck in der Hoffnung, sie unbekleidet zu sehen.

Sie habe es strikt vermieden, mit Domingo allein zu sein, ohne beleidigend zu wirken. Doch der habe das überhaupt nicht begriffen und ihr mitten in der Nacht den Anrufbeantworter vollgesprochen. 1991 habe sie schließlich nachgegeben. "Mir gingen die Entschuldigungen aus", sagte sie. "Es war wie: 'Okay, ich denke, das ist das, was ich tun muss.'" Sie habe zweimal mit Domingo geschlafen, einmal bei ihm und einmal im Hotel. Im Hotel habe er beim Gehen zehn Dollar auf die Kommode gelegt und gesagt: "Ich will nicht, dass du dich wie eine Prostituierte fühlst, aber ich will auch nicht, dass du fürs Parken zahlen musst."

Die Anschuldigungen seien "zutiefst beunruhigend und so, wie sie dargelegt sind, unzutreffend", sagte Domingo. "Ich habe geglaubt, dass alle meine Interaktionen und Beziehungen immer willkommen und im gegenseitigen Einverständnis waren", fügte er hinzu. Der heute 78-Jährige müsse aber auch anerkennen, dass die heutigen Anstandsregeln sich deutlich von denen früherer Jahre unterschieden.

Domingo gilt als einer der erfolgreichsten Opernsänger überhaupt. Er ist ebenfalls erfolgreicher Dirigent und Direktor der Los Angeles Opera. Der mehrfache Grammy-Gewinner wird von seinen Kollegen als überaus charmant und voller Energie beschrieben.

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