„Was ziehe ich an?“, ist eine Frage, die mit der Größe des Anlasses an Bedeutung gewinnt. So gesehen sind Olympische Spiele eine Veranstaltung, die allergrößte Sorgfalt in der Kleidungswahl verlangt. Nicht so sehr in den Wettbewerben, die von Funktionsgarderobe dominiert werden, sondern im Rahmenprogramm.
Die Thailänderinnen und Thailänder beispielsweise treten in Disziplinen an, die eher nicht zu den Kernsportarten von Olympischen Spielen gehören: Kitesurfen, Taekwondo, Schießen und so weiter. International werden sie also vor allem bei der Eröffnungsfeier am 26. Juli im Rampenlicht stehen, und wie sie sich da präsentieren, hat denn auch eine kleine Kontroverse ausgelöst im Königreich, in dem Kritik in der Regel gar nicht oder nur sehr verklausuliert formuliert werden darf.
Bei der Vorstellung der offiziellen Outfits wurde in den sozialen Medien umgehend das „veraltete Design“ bemäkelt, wie die Bangkok Post berichtete. Die Kritik gilt insbesondere den schlichten kragenlosen Jacken mit einer Borte aus traditionellen Mustern. Sie wurden mit der Kleidung von Regierungsbeamten verglichen, die gerade bei jungen Thailändern nicht besonders beliebt sind. Auf Bildern hatte sie Sapsiree Taerattanachai präsentiert, Thailands beste Badmintonspielerin im gemischten Doppel. Sie reagierte wie im Land üblich mit einem lächelnden Emoji, einem Herzen, einem Friedenszeichen und der Landesflagge auf die Kritik.
Der Leiter der Athletendelegation erläuterte, dass der Zweck dieses Anzugs darin bestehe, für thailändische Stoffe zu werben. Das thailändische Olympische Komitee habe eine alte und etablierte Schneiderei mit dem Entwurf und der Anfertigung der Anzüge beauftragt. Sogar Premierminister Srettha Thavisin verteidigte die Jacken, „wenn man sagt, deine oder meine Kleidung sei veraltet, liegt die Schönheit im Auge des Betrachters, nicht wahr?“, schrieb er auf Facebook. Die Uniform stehe „für die Verbindung von Vergangenheit und nachhaltiger Zukunft“. Sie steht nun aber auch für das Unverständnis der Alten für die modischen und eventuell auch die gesellschaftlichen Veränderungswünsche der Jungen.
Mit Neid schaut man auf die Uniformen der Mongolei
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Mongolei zur selben Zeit in sozialen Netzwerken gefeiert wird für Olympia-Uniformen, die von traditionellen Gewändern inspiriert sind, mit aufwendig bestickten Westen. Das hört sich nach einem ähnlichen Ansatz an, nur ist er in diesem Fall gelungen. Das Design stammt von „Michel & Amazonka“, einem jungen Mode-Label aus Ulan-Bator, das von den Schwestern Michel Choigaalaa und Amazonka Choigaalaa gegründet wurde.

Damit habe die Mongolei, die bei den Spielen in Peking 2008 ihre ersten und bisher einzigen Goldmedaillen im Judo und Boxen erringen konnte, „gerade die Olympischen Spiele gewonnen, bevor sie überhaupt begonnen haben“, wie der Stil-Influencer Ryan Yip auf Tiktok in einem Video jubelte, das rasch über zwei Millionen Mal angesehen wurde.
In Thailand hatte die Unzufriedenheit über das eigene Design Konsequenzen: Wenige Tage vor der Eröffnung hat das Nationale Olympische Komitee bekannt gegeben, dass das Team Thailand nun mit seinen modernen Trainingsanzügen bei der Eröffnung einlaufen werde, die deutlich frischer wirken als die Uniformjacken. Offizieller Grund: Das Material sei für das heiße Wetter in Frankreich besser geeignet. Die thailändische Art zu sagen: Wir haben verstanden.