Oldenburg:Tötungsserie in Krankenhäusern: Anklage gegen sechs Klinikmitarbeiter

  • Die sechs Mitarbeiter aus der Klinik Delmenhorst sollen 2005 nach dem Auftauchen ernsthafter Verdachtsmomente gegen Nils H. nicht eingeschritten haben und hätten damit drei weitere Tötungen sowie zwei Tötungsversuche ermöglicht.
  • Niels H. brachte Patienten mit Medikamenten in einen reanimationspflichtigen Zustand, um sie anschließend wiederzubeleben. Er wurde 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt.
  • Der Großteil der Taten ist bisher nicht juristisch aufgearbeitet. Insgesamt geht es um 170, möglicherweise auch um mehr als 200 Fälle.

Nach der Tötungsserie in zwei Krankenhäusern durch den Ex-Pfleger Niels H. hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage gegen sechs Verantwortliche aus der Klinik Delmenhorst erhoben. Ihnen wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen, teilte die Behörde mit. Sie seien 2005 nach dem Auftauchen ernsthafter Verdachtsmomente nicht eingeschritten und hätten damit drei weitere Tötungen sowie zwei Tötungsversuche ermöglicht.

"Die Anklage geht davon aus, dass die Angeschuldigten die Taten von Niels H. billigend in Kauf nahmen. Sie sollen aus Angst um die Reputation der Klinik und aus Angst, sich dem Vorwurf der falschen Verdächtigung auszusetzen, untätig geblieben sein", sagten die Ermittler.

Angeklagt wird der damalige Stationsleiter für den Bereich Pflege der Intensivstation sowie seine beiden damaligen Stellvertreterinnen. Außerdem werden ein damals auf der Intensivstation tätiger Pfleger sowie zwei Oberärzte angeklagt. Im Fall einer Verurteilung drohen ihnen mindestens fünf Jahre Haft.

Die größte Mordserie der Nachkriegsgeschichte

Niels H. brachte Patienten mit Medikamenten in einen reanimationspflichtigen Zustand, um sie anschließend wiederzubeleben. 2005 schöpften Kollegen im Klinikum Delmenhorst Verdacht, Niels H. wurde festgenommen und 2006 wegen versuchten Totschlags zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Während er im Gefängnis saß, wurde er wegen weiterer Taten angeklagt: wegen zweifachen Mordes sowie dreifachen versuchten Mordes zwischen 2003 und 2005 am Klinikum Delmenhorst, wegen dieser Fälle wurde er 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Urteil wurde auch die besondere Schwere der Schuld festgestellt - und damit ausgeschlossen, dass H. nach 15 Jahren auf Bewährung freikommt.

Der Krankenpfleger hatte im Laufe der Verhandlungen gestanden, insgesamt 90 Menschen in Delmenhorst Gilurytmal, ein Herzmedikament, gespritzt zu haben und außerdem Tötungen in seiner vorangegangenen Zeit in Oldenburg zugegeben.

Der Großteil der Taten ist bisher nicht juristisch aufgearbeitet. Insgesamt geht es um 170, möglicherweise auch um mehr als 200 Fälle.

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