In Österreich erregt gerade eine internationale Studie Aufsehen, laut der es um die „Local Friendliness“ im Land gar nicht gut bestellt ist. Die jährliche Befragung sogenannter Expats, also Menschen, die im Ausland leben und arbeiten („ex patria“), wird regelmäßig von einer Münchner Agentur durchgeführt, wohl auch zum Zwecke der Eigen-PR. Österreich schnitt da wieder gar nicht gut ab.
Es ist ja immer spannend, so ein Länder-Ranking. Nicht nur beim Fußball und beim ESC. Österreich belegte in der Expat-Studie in der Kategorie „Freundlichkeit“ gerade den vorletzten Platz. Mehr Grantelei ist angeblich nur in Kuwait. „Austria: Quality of life high, people grumpy“, ist auf der Webseite der Kronen Zeitung zu lesen – auf Englisch. Aber ist es wirklich so schlimm? Zumindest Wien hat laut dem Magazin Economist schon seit Jahren ein Abo auf den Titel „lebenswerteste Stadt der Welt“.
Mit Studien ist das so eine Sache. Laut „Expat Insider“ sind die Leute in Costa Rica, Indonesien und Brasilien gerade die nettesten. Aber möchte man dort leben? Zum Beispiel als Österreicher? Und was das angeblich so lebenswerte Wien angeht: Im Stadtteil Favoriten geht’s schon auch recht zu. Und in Hietzing gab es kürzlich einen Mordversuch.
Letztlich kommt es halt immer auf den einzelnen Menschen an, nicht nur auf den Ort. In Wien-Brigittenau etwa, das haben wir in einer ORF-Lokal-Sendung erfahren, gibt es Herrn Samy, der auf dem örtlichen Grätzl-Markt seit mehr als 30 Jahren einen kleinen Laden betreibt. Herr Samy wird sehr geschätzt dafür, dass bei ihm die reicheren Kunden mehr bezahlen als die ärmeren. Er gleicht das dann selber aus: „Wenn die Kunden Geld haben“, sagt Herr Samy, „können sie bei mir kaufen. Wenn sie kein Geld haben, können sie trotzdem kaufen.“ Schade, dass es sich bei den meisten der von der Münchner Agentur befragten 12 500 Expats nicht um Kunden von Herrn Samy, sondern um privilegierte, englischsprachige Facharbeiter handelt, die für globale Riesenfirmen arbeiten und sich nur selten in die Brigittenau verlieren.

Österreich:Achtfaches Kaffeehausglück
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Generell gilt für „grumpy Austria“ wohl das, was Josef Hader einmal so beschrieb: „Wenn jemand charmant ist, dann wäre das ja fast langweilig, wenn da nicht ein bisserl eine Schlitzohrigkeit auch dabei wäre. Also jemand, der nur charmant ist, den würde man ja nicht aushalten.“ Korrekt! Und der Travnicek, die Figur des Wiener Kabarettisten Helmut Qualtinger, meinte einmal: Es könne ja sein, dass die Akropolis das Schönste sei, in Griechenland. Aber die sehe ja auch nur so aus wie das Wiener Parlament, und dorthin könne man mit der Straßenbahn fahren. Es sind eben nicht die Orte, sondern die Menschen, die den Unterschied machen.
Deutschland jedenfalls, das sei hier auch noch erwähnt, liegt in Sachen „Local friendliness“ auch nur drei Plätze vor Österreich, also ebenfalls ganz, ganz weit hinten. Herrn Samy aus Brigittenau haben sie in Hannover übrigens mal seine Bankomatkarte geklaut, da hatte er kein Geld mehr für seine Rückfahrt. Aber der deutsche Zugschaffner hat ihn dann einfach gratis nach Wien mitgenommen.