Ölpest-Gefahr vor Australien:Angst und Empörung

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"Skandalöse" Kursänderung: Der vor dem Great Barrier Reef auf Grund gelaufene chinesische Frachter war ohne Lotsen unterwegs. Der Premierminister tobt - und warnt weiter vor einer Ölpest.

Australien bangt um eines seiner schönsten Naturwunder: Der am Great Barrier Reef vor Australien auf Grund gelaufene Kohlefrachter sitzt weiter fest. Behördenberichten zufolge sickern immer noch geringe Mengen von Öl ins Meer, berichtete die Melbourner Zeitung The Age.

Einer der Öltanks sei auseinandergebrochen, sagte Patrick Quirk, der Chef der Meeresschutzbehörde, dem Radiosender ABC. Seine Behörde sei zwar optimistischer als am Samstag, dass ein Auseinanderbrechen des gesamten Schiffs verhindert werden könne - die Gefahr einer Ölpest sei aber nicht gebannt: "Wir bewältigen das von Stunde zu Stunde, von einem Risiko zum nächsten", sagte Quirk. Nun bete man für ruhiges Wetter in den nächsten Tagen.

Er bestätigte, dass ein Lotse, der das Schiff von Gladstone in Queensland aus begleitet hatte, dieses kurz vor dem Unfall verlassen hatte. Allerdings schreibe das Gesetz in dieser Küsten-Entfernung keine Lotsenanwesenheit vor.

Das 230 Meter lange Schiff bewegte sich zwar seit dem Unglück am Samstag durch Wellengang 20 Meter, kam aber nicht los. Einen Tag nach dem Unglück waren etwa vier Tonnen Öl ausgelaufen. Der Kraftstoff wurde mit Chemikalien besprüht und zersetzte sich.

Mit Vollgas durchs Naturschutzgebiet

Das restliche Öl soll abgepumpt werden, um ein weiteres Auslaufen des Treibstoffes zu verhindern. Experten wollten die 950 Tonnen Öl an Bord des Frachters durch Schläuche in die Tanks eines Rettungsbootes leiten, teilten die Behörden mit. Die Bergungsexperten entschlossen sich zu der Pumpaktion, nachdem klar war, dass der schwer beschädigte Frachter nicht von dem Riff zu bekommen war. Zudem wollen Ermittler demnächst mit der Befragung der Besatzungsmitglieder beginnen.

Indessen wächst die Empörung im Land, dass ein so großes Schiff unbehelligt auf dem Great Barrier Reef unterwegs war. Der australische Premierminister Kevin Rudd bezeichnete die Tatsache, dass der Frachter in derartiger Entfernung vom Kurs mit voller Geschwindigkeit das Naturschutzgebiet durchquerte, als "skandalös". Er überflog die Unglücksstelle östlich von Rockhampton in Queensland am Dienstag, um sich selbst ein Bild zu machen.

Razzien gefordert

Die Situation sei weiter sehr ernst, warnte der Premierminister am Flughafen von Rockhampton und betonte die Bedeutung des bedrohten Gebietes: "Für Australien gibt es kein größeres Naturgut als das Great Barrier Reef."

Indessen löste das Unglück Kritik am Krisenmanagement der Behörden aus. Bob Brown, Parteichef der australischen Grünen, machte sich vor Ort ein Bild von der Lage und forderte Razzien, um ausländischen Schiffe am Überqueren des Great Barrier Reefs zu hindern.

Seinen Angaben nach war die Shen Neng 1 nicht das erste Schiff, dass eine derartige Abkürzung wählte, sagte er gegenüber ABC Radio. Brown forderte härtere Gesetze einschließlich der Beobachtung von Schiffen in der Nähe des Korallenriffs. Er warf den Behörden Untätigkeit angesichts seit längerem kursierender Gerüchte vor.

Auch der Chef der Meeresschutzbehörde sagte, er habe keinen Zweifel an den Berichten von Fischern, die angaben, täglich mindestens einen Frachter eine Abkürzung durch das Great Barrier Reef nehmen zu sehen. Seinen Angaben zufolge nutzte die Shen Neng 1 eine autorisierte, aber nicht favorisierte Route aus dem Küstengewässer in Richtung Ozean.

Der Unfall habe sich außerhalb der Zone ereignet, in der Schiffe nachverfolgt und die Behörden bei einem Verlassen der vorgegebenen Route gewarnt werden.

© sueddeutsche.de/dpa/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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