Öko-Katastrophe im Golf von Mexiko:Operation "Top Kill" hat begonnen

Mit massivem Schlammbeschuss gegen das sprudelnde Öl: Im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko setzt der Ölkonzern BP alle Hoffnung auf die Operation "Top Kill".

Neue Hoffnung im verzweifelten Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko: Der BP-Konzern hat am Mittwoch mit dem riskanten Versuch begonnen, die unablässig sprudelnde Ölquelle durch den Beschuss mit tausenden Litern Schlamm pro Minute zu stopfen. Das in dieser Tiefe noch nie angewendete, sogenannte "Top Kill"-Verfahren lief um 20.00 Uhr MESZ an, wie die Einsatzleitung mitteilte. BP selbst beziffert die Erfolgschancen auf 60 bis 70 Prozent.

Video grab shows oil gushing from the Gulf of Mexico oil well

Am 20. April explodierte im Golf von Mexiko die Ölplattform Deepwater Horizon. Seitdem sprudeln aus dem beschädigten Bohrgestänge am Meeresgrund täglich Tausende Liter Rohöl. Der britische Konzern BP, für den die Bohrinsel arbeitete, zeigt das Desaster live im Internet. Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, das Leck zu schließen, setzt BP nun auf die "Top-Kill"-Methode.

(Foto: rtr)

Nach den Worten von BP-Chef Tony Hayward kann es zwei Tage dauern, bis die Aktion abgeschlossen ist. Eines der größten Risiken sei, dass die Methode das Leck noch vergrößere, erklärte er im US-Fernsehen.

Man müsse bedenken, dass dies Verfahren in 1500 Meter Tiefe noch nie versucht worden sei. Der Konzern hatte zuvor in langwierigen technischen Diagnosen unter anderem zu ermitteln versucht, ob das tonnenschwere Sicherheitsventil auf dem Bohrloch den enormen Druck aushält, wenn es mit schwerer Flüssigkeit beschossen wird.

Am Mittwoch hatte die US- Küstenwache Grünes Licht für das Verfahren. Bei dem "Top Kill"-Verfahren wird der Schlamm durch das Sicherheitsventil ("Blowout Preventer"), das auf dem Bohrloch sitzt, dem ausströmenden Öl entgegen gepumpt. Ist die Aktion erfolgreich, soll die Quelle anschließend mit Zement versiegelt werden.

Um zu verhindern, dass zu viel Schlamm nach oben aus dem Ventil entweicht, könnten zusätzlich geschredderte Reifen, Golfbälle und andere Gummiteile hinein geschossen werden. Sollte der Versuch misslingen, ist BP nach eigenen Angaben auf einen zweiten Anlauf vorbereitet. Der Konzern könne kurzfristig einen 1,50 Meter hohen Zylinder aus Stahl über das Leck stülpen, der das Öl auffangen soll, sagte BP-Vizepräsident Kent Wells.

Über ein Rohr an der Vorrichtung könnte die Brühe nach oben in ein Schiff gepumpt werden. Vor drei Wochen war BP mit einem ähnlichen Versuch gescheitert, weil Kristalle die Leitung verstopften. Allerdings kam damals eine wesentlich größere, 13 Meter hohe Kuppel zum Einsatz. Gelingt es aber, das Bohrloch zu schließen, könnte BP sich voll darauf konzentrieren, das Meer und die Küsten zu säubern, ohne dass stündlich weiterhin tonnenweise Öl ins Meer läuft.

Der immer weiter zunehmende Schaden für das Meer, die Tierwelt sowie die Wirtschaft ließe sich laut Experten noch auf ein erträgliches Maß begrenzen, schrieb die New York Times am Mittwoch. Seit einer Woche aber schwappt nach und nach das Öl an die Küsten im Südosten der USA - mehr als 100 Kilometer sind bereits verschmutzt, darunter sensible Feuchtgebiete. Hunderte ölverschmierte Vögel werden tot gefunden, Fischereiverbote ausgeweitet.

Allein in Louisiana beschäftigt die Fischerei-Industrie über 27 000 Menschen. Unabhängig vom Ausgang der Operation will US-Präsident Barack Obama am Donnerstag deutlich schärfere Regelungen für Ölbohrungen im Meer ankündigen. Die Regierung werde strengere Sicherheitsstandards und rigidere Kontrollen auf Bohrinseln einführen, hieß es aus dem Weißen Haus.

Die Ölindustrie sieht hohe Kosten und ein zu starr reguliertes System auf sich zukommen, berichteten US-Medien. Obama und seine Regierung sind unter Druck geraten, weil sie Kritikern zufolge zu spät auf die Umweltkatastrophe reagierten. Am Freitag will der Präsident zum zweiten Mal die von der Ölpest betroffene Region in Louisiana besuchen.

BP-Webcam: Blick auf das Förderrohr

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