Obduktion des kleinen Kevin:24 Knochenbrüche

Der zweijährige Junge aus Bremen ist in seinem kurzen Leben schwerst misshandelt worden.

"Wir können jetzt erahnen, welches Martyrium das Kind durchgemacht hat", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Dietrich Klein in Bremen zum Ergebnis der Obduktion. Es übersteige aber die Vorstellungskraft. Kevins Leiche war im Oktober 2006 im Kühlschrank seines süchtigen Ziehvaters gefunden worden.

Der Sarg des kleinen Kevin bei der Bestattung im November 2006

Der Sarg des kleinen Kevin bei der Bestattung im November 2006

(Foto: Foto: AP)

Dort hatte er nach Einschätzung der Gerichtsmediziner rund fünf Monate gelegen. Ob der Ziehvater wegen Mordes oder Totschlags angeklagt wird, wird derzeit geprüft. Kevins Tod war dem Gutachten der Bremer und Hamburger Gerichtsmediziner zufolge eine direkte Folge der kurz zuvor zugefügten Knochenbrüche.

Diese hätten eine Embolie ausgelöst, die Lunge habe versagt. Die Gerichtmedizin stellte nach Angaben der Staatsanwaltschaft 24 Knochenbrüche am ganzen Körper fest, die dem Jungen mutwillig zugefügt wurden. Einige Knochen waren wiederholt gebrochen. Es sei unwahrscheinlich bis ausgeschlossen, dass Unfälle die Ursache waren, sagte Staatsanwalt Daniel Heinke. Der Großteil der Verletzungen sei älteren Datums gewesen.

Verletzungen an Kopf und Geschlechtsteil

Das Kind erlitt zu unterschiedlichen Zeitpunkten unter anderem Brüche an Armen, Beinen und Rippen sowie Verletzungen am Geschlechtsteil, heißt es in dem Gutachten. Auch wurde sein Kopf auf eine harte Fläche geschlagen. Der Junge sei wiederholt auf die selbe Art misshandelt worden, sagte Heinke. Er schließt einen sexuellen Missbrauch aus.

Derzeit werde die psychische Schuldfähigkeit des drogenabhängigen Ziehvaters ermittelt, der in der Haft noch immer schweigt. Sobald das Gutachten vorliegt, soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft Anklage erhoben werde.

Dem Beschuldigten werde zur Last gelegt, Kevin schwer misshandelt zu haben und sich danach nicht um eine medizinische Versorgung des Kindes gekümmert zu haben, erklärte Heinke. So habe er den Tod des Kindes verursacht.

Genauer Todeszeitpunkt nicht mehr feststellbar

Wann genau der Zweijährige starb, können die Gerichtsmediziner nicht mehr feststellen: Die Leiche war stark verwest. Die Experten gehen jedoch vom Zeitraum Ende April bis Mai 2006 aus.

Kevin, der unter der Obhut des Jugendamtes stand, war am 10. Oktober tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters entdeckt worden. Sein Tod hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Die damalige Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) trat zurück, und gegen Mitarbeiter der Sozialbehörde wurden disziplinar- und strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt zudem gegen den behandelnde Arzt des drogensüchtigen Ziehvaters, weil er über das Methadon hinaus mehrere Betäubungsmittel verschrieben haben soll.

Ein Untersuchungsausschuss nimmt die schweren Behörden-Pannen in dem Fall unter die Lupe.

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