Bridget Jones:Wie eine Freundin aus besseren Zeiten

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Toll tollpatschig, auch in Teil vier: Renée Zellweger in „Bridget Jones: Mad About the Boy“. (Foto: Jay Maidment/AP)

In Großbritannien ist wieder mal ein Hype um Bridget Jones ausgebrochen. Langjährige Fans schwelgen in Erinnerungen – und die junge Generation sehnt sich nach den vermeintlich simpleren Neunzigerjahren.

Von Martin Wittmann

Viele Briten, vor allem Britinnen, haben sich dieses Jahr auf den Valentinstag vorbereitet, indem sie mit viel Wehmut und etwas Erleichterung die alten Bridget-Jones-Filme schauten. Der Start des vierten Teils am Donnerstag erinnerte sie an den ersten, der im Frühjahr 2001 in die Kinos kam, und damit an eine Zeit, in der vieles selbstverständlich war, was heute als anachronistisch gilt: etwa pausenloses Rauchen, endloses Trinken oder eine bezahlbare Wohnung in London. Und am Ende gibt’s auch noch weiße Weihnachten.

Die Nostalgie, immer einschränkt durch den Hinweis, dass früher wahrlich nicht alles besser war (man denke an die gängige sexuelle Belästigung an Arbeitsplätzen), ist dieser Tage nachzulesen in britischen Zeitungen. So ziemlich jede Redaktion hat eine Mitarbeiterin, die sich rückblickend wiederfindet in dieser Figur und in deren Figur – ihr Gewicht spielte eine deprimierend dominante Rolle in Jones’ Leben und folglich auch in dem der US-amerikanischen Darstellerin Renée Zellweger.

Bridget Jones wurde einst von einer Journalistin erschaffen, von Helen Fielding. Sie schrieb Mitte der Neunzigerjahre eine Kolumne über die toll tollpatschige Fernsehreporterin im Independent. Dort schwärmt nun eine Kollegin von „ihrer besten fiktionalen Freundin“ und seufzt gegen den Zeitgeist an: „Ich hoffe nur, dass sie nicht Chardonnay gegen Matcha Latte eingetauscht hat.“ Im Guardian erinnert sich eine Journalistin an die Hedonistin als „optimistische und nahezu tröstliche Erfindung“, die durchs Berufsleben stolperte, aber dabei verlässlich unbeschadet blieb. Weil die Zeiten in Großbritannien damals einfachere und wirtschaftlich bessere waren.

Renée Zellweger (links) und Helen Fielding bei einer Präsentation des neuen Films in London Ende Januar. (Foto: Scott A Garfitt/Invision/AP)

Auch an dieser Sorglosigkeit scheint es nun zu liegen, dass sich heute nicht nur die Generation, die wie Jones die Neunziger erlebt hat, danach zurücksehnt, sondern auch Frauen, die damals erst geboren wurden. Fielding sagt, bei ihren Auftritten sei die Hälfte des Publikums der Gen Z zuzurechnen. Der Guardian sieht diese Begeisterung für Jones in deren Ungefiltertheit, während die Elle sie eine Antiheldin nennt: eine physische Verkörperung des Widerstands gegen die „Zwangsjacke, die unsere digitalen Avatare in den sozialen Medien inzwischen für uns selbst darstellen“. Auf die gängige Kritik an dem Charakter angesprochen – dazu zählen etwa das ständige Kalorienzählen und die verzweifelte Männersuche –, sagt ein von der BBC interviewter Fan, eine Mittzwanzigerin: Jones’ Art, mit dem gesellschaftlichen Druck umzugehen, wirke realistischer als die der perfekten Feministinnen. Die Sorgen um die eigene Figur hätten sich trotz Bodypositivity ja nicht erledigt, und vom Traumpartner wird immer noch geträumt.

Sicher ist, dass der Film im Vereinigten Königreich die Massen anzieht, hier wurden bereits mehr Karten bestellt als etwa für „Barbie“. In Zellwegers Heimat indes hält sich die Identifikation mit Jones in Grenzen. In den USA kommt der neue Teil nicht mal in die Kinos, sondern landet – unvorstellbar in den Neunzigern – direkt bei den Streamingdiensten.

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