Kriminalfall:Frau von norwegischem Multimillionär verschwunden

Police work outside the house of Norwegian Anne-Elisabeth Falkevik Hagen, who is the wife of real estate investor Tom Hagen, and has been kidnapped according to local media, in Fjellhamar

Das Haus der Hagens in Lørenskog, wenige Kilometer östlich von Oslo.

(Foto: REUTERS)
  • Anne-Elisabeth Falkevig Hagen, die Ehefrau eines der reichsten Männer Norwegens, ist seit dem 31. Oktober verschwunden.
  • Die 68-Jährige wurde offenbar aus dem Badezimmer des Ehepaars im Ort Lørenskog unweit von Oslo verschleppt.
  • Die Polizei gibt kaum Details über die Entführung bekannt, aber norwegische Medien berichten übereinstimmend, Anne-Elisabeth Falkevig Hagen sei entführt worden.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Zehn Wochen schon ermittelt die norwegische Polizei unter höchster Geheimhaltung, Europol und Interpol sind eingeschaltet, aber erst am Mittwoch wandten sich die Beamten an die Öffentlichkeit: Anne-Elisabeth Falkevig Hagen, die Ehefrau eines der reichsten Männer Norwegens, ist verschwunden, seit dem 31. Oktober. Vermutlich wurde sie entführt, laut norwegischen Medien verlangen die Entführer ein Lösegeld von umgerechnet neun Millionen Euro - zu zahlen in der Kryptowährung Monero, die mehr noch als andere Kryptowährungen auf Anonymität setzt und deren Transaktionen kaum nachzuverfolgen sind. Die Polizei tappt offenbar weitgehend im Dunkeln. Entführungen sind selten in Norwegen, die Medien sprechen von einem der spektakulärsten Kriminalfälle der jüngeren Geschichte.

Die 68-Jährige verschwand aus dem Haus des Ehepaars im Ort Lørenskog unweit von Oslo. Die Polizei gab kaum Details zur Entführung bekannt, aber norwegische Medien berichteten übereinstimmend, Anne-Elisabeth Falkevig Hagen sei aus dem Badezimmer des Hauses verschleppt worden. Ihr Ehemann Tom Hagen, ein Bauunternehmer und Investor, habe später im Haus eine Nachricht vorgefunden, die in gebrochenem Norwegisch die Ermordung der Entführten androhte für den Fall, dass die Familie die Polizei einschalte.

Die Entscheidung muss der Adressat der Lösegeld-Forderung treffen

Kriminalfall: Ein undatiertes Bild von Anne-Elisabeth Falkevik Hagen.

Ein undatiertes Bild von Anne-Elisabeth Falkevik Hagen.

(Foto: AP)

Polizeisprecher Tommy Brøske teilte auf einer Pressekonferenz am Mittwoch mit, dass man seither kein Lebenszeichen von Frau Hagen mehr erhalten habe. Die Polizei habe der Familie geraten, nicht auf die Lösegeldforderungen einzugehen. "Aber das ist eine schwierige Entscheidung. Letztlich muss diese Entscheidung der Adressat der Forderung, also die Familie, treffen", sagte Brøske. Die Polizei teilte ferner mit, zu keinem Zeitpunkt habe es mündlichen Kontakt zu den angeblichen Entführern gegeben, alle Kommunikation sei verschlüsselt über eine digitale Plattform gelaufen. Es gebe Indizien, wonach die Entführer "Professionelle" seien.

Den Zeitungen Aftenposten und Verdens Gang zufolge wurden die Ermittlungen der Polizei durch die strenge Geheimhaltung auch behindert: Aus Angst, die Entführer könnten das Haus und die Umgebung weiter beobachten und ihre Drohungen wahrmachen, habe die Spurensicherung nur verdeckt und begrenzt ermitteln können. Nachbarn berichteten von einem weißen Kastenwagen mit falschem Kennzeichen, den sie öfter auf dem Grundstück gesehen hatten. Auch die Nachbarn waren bis zum Mittwoch im Dunkeln gelassen worden.

Kriminalfall: "Nichts deutet darauf hin, dass wir diesen Fall schon bald lösen werden." - Polizeisprecher Tommy Brøske.

"Nichts deutet darauf hin, dass wir diesen Fall schon bald lösen werden." - Polizeisprecher Tommy Brøske.

(Foto: AFP)

"Einen Fall dieser Größenordnung hatten wir in Norwegen noch nie"

Das Ehepaar Hagen galt als medienscheu. Die beiden sind gleich alt und hatten im Alter von 19 geheiratet. Heute haben sie drei erwachsene Kinder und mehrere Enkelkinder. Die norwegische Finanzzeitschrift Kapital schätzt Tom Hagens Vermögen auf 1,7 Milliarden norwegische Kronen, umgerechnet 174 Millionen Euro, damit landete er auf Platz 172 der Liste der reichsten Norweger. Vor den Olympischen Spielen in Lillehammer 1994 hatte Hagen den Eisschnellläufer Johann Olav Koss gesponsert, der dann in Lillehammer dreimal Gold gewann.

Hagen verdiente sein Geld vor allem mit dem Verkauf von Immobilien und Strom. Die Firma Elkraft, an der er 70 Prozent der Anteile hält, liefert Strom in die gesamte nordische Region. Vergangenen Herbst war Tom Hagen Teil eines Osloer Gerichtsverfahrens, in dem eine seiner Firmen zwei Finanzmaklern und der russischen Stahlfirma Severstal Betrug und Börsenmanipulation zu seinen Ungunsten vorwarf. Die norwegische Polizei erklärte jedoch, man könne hier bislang keine Verbindung zu der Entführung entdecken.

"Einen Fall dieser Größenordnung hatten wir in Norwegen noch nie", sagte der Autor und frühere Polizist Jørn Lier Horst zu Verdens Gang. Ein anderer früherer Kriminalbeamter, John Christian Grøttum, sagte, man müsse davon ausgehen, "dass hier Kriminelle mit einem internationalen Hintergrund dahinterstecken". Der Kommentator des Blattes fürchtete schon, der Fall könne das bislang von solchen Verbrechen unbehelligte Land seine "Unschuld" kosten und "weitreichende Konsequenzen für die norwegische Gesellschaft" haben. In Norwegen kann jeder die Steuererklärung und Einkünfte eines jeden Bürgers einsehen. Das jedoch, so Verdens Gang, mache auch wenig bekannte, aber vermögende Persönlichkeiten "zur Zielscheibe für solche Verbrechen". Polizeisprecher Brøske mahnte zu Geduld: "Nichts deutet darauf hin, dass wir diesen Fall schon bald lösen werden."

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