North Charleston:"Er hat ihm einfach in den Rücken geschossen"

Lesezeit: 2 Min.

  • "Sie lagen auf dem Boden und der Polizist hatte die Lage unter Kontrolle", sagt der 23-jährige Feidin Santana.
  • Er ist Urheber des Handyvideos, das die tödlichen Polizeischüsse auf einen unbewaffneten Afroamerikaner in der US-Stadt North Charleston zeigt.
  • Der Polizist habe dem Mann nach einem Handgemenge "einfach in den Rücken geschossen", sagte Santana.

Von den tödlichen Polizeischüssen auf einen unbewaffneten Afroamerikaner in der US-Stadt North Charleston gibt es Amateuraufnahmen. Sie sorgen landesweit und über die USA hinaus für Entsetzen, weil darauf zu sehen ist, wie der weiße Polizist Michael Slager nach einem Handgemenge dem fliehenden Afroamerikaner Walter Scott mehrmals in den Rücken schießt. Der 33-jährige Beamte legt dem am Boden liegenden, unbewaffneten 50-Jährigen danach noch Handschellen an, während dieser im Sterben liegt.

Der 23-jährige Feidin Santana, der das Handyvideo gedreht hatte, sagte, dass die beiden Männer vor dem tödlichen Vorfall einen Streit hatten. "Sie lagen auf dem Boden und der Polizist hatte die Lage unter Kontrolle", sagte er dem Sender NBC über seine Beobachtungen. Demnach war auch eine Elektroschockpistole im Spiel - Scott habe diese aber nicht gegen den Polizisten eingesetzt. Nach den Todesschüssen hatte sich der Polizist zunächst auf Notwehr berufen. Er habe um sein Leben gefürchtet, weil der Mann ihm seine Elektroschock-Waffe entrissen habe. In dem Video scheint es jedoch so, als habe er seinen Elektroschocker erst nach den Schüssen neben den 50-Jährigen gelegt.

Santana war nach eigenen Angaben auf dem Weg zur Arbeit, als er die Männer bemerkte. Der Beamte habe dem Mann dann "einfach in den Rücken geschossen", sagte er. Ihm sei gleich klar gewesen, welch wichtiges Material er damit besitze. Im Gespräch mit dem Sender MSNBC sagte er außerdem, dass er nach dem Vorfall Angst um sein Leben hatte. "Ich habe darüber nachgedacht, das Video zu löschen und North Charleston zu verlassen", sagte er. Er habe sich jedoch entschieden, die Aufnahmen publik zu machen, nachdem er den Polizeibericht über den Vorfall las, der nicht mit den Tatsachen übereinzustimmen schien.

Todesschütze von North Charleston
:Schwer bewaffnet nach neun Wochen Polizeischule

Die US-Stadt North Charleston entlässt den weißen Polizisten, der den Afroamerikaner Walter Scott mit acht Schüssen tötete. Die Behörden müssen sich fragen lassen, ob der Mann ausreichend ausgebildet wurde.

Von Johannes Kuhn

Medienberichten zufolge war Scott ursprünglich von der Polizei gestoppt worden, weil eines der Rücklichter seines Autos nicht funktionierte. Sein Vater, der ebenfalls Walter Scott heißt, äußerte die Vermutung, dass sein Sohn vielleicht vor dem Polizisten weggelaufen sei, "weil er Unterhaltszahlungen für seine Kinder schuldete" und möglicherweise eine Festnahme befürchtet habe. Scott hatte vier Kinder. Sein Vater zeigte sich erleichtert über die Videoaufnahmen. Das Vorgehen des Polizisten verglich er mit einem Jäger, der "ein Reh jagt, das durch den Wald läuft".

Friedliches Gedenken an Walter Scott

Vor dem Rathaus in North Charleston fanden sich am Mittwochabend (Ortszeit) spontan etwa 50 Menschen zu einem friedlichen Gedenken an Walter Scott ein. Auf Schildern war unter anderem "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden" und "Stoppt rassistischen Polizeiterror" zu lesen. Viele zeigten sich zudem überzeugt, dass die rasche Festnahme des Beamten nach dem Bekanntwerden des Videos schärfere Proteste verhindere. In den vergangenen Monaten hatten mehrere Fälle von tödlichen Schüssen auf Schwarze durch weiße Beamte eine Debatte über Rassismus und Polizeigewalt in den USA ausgelöst. Oft kam es zu schweren Protesten. Slager droht nun bei einem Schuldspruch wegen Mordes die Todesstrafe.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Rassismus bei der US-Polizei
:Was North Charleston und Ferguson verbindet

Ein unbewaffneter schwarzer Mann stirbt durch Schüsse aus der Waffe eines weißen Polizisten. Der tödliche Zwischenfall in North Charleston erinnert unweigerlich an den Tod des afroamerikanischen Jugendlichen Michael Brown. Worin sich die beiden Fälle gleichen.

Von Lena Jakat

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: