Nordrhein-Westfalen:"Polizeipräsidentin? Meine Töchter würden sagen: meeega"

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Britta Zur hat ihre Arbeit als Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen aufgenommen (Foto: Thomas Nowaczyk/Polizei Gelsenkirchen)

Britta Zur ist eine Figur mit Strahlkraft - nicht nur, weil sie aktuell die jüngste Polizeichefin Deutschlands ist. Ihr besonderes Anliegen ist es, Einsatzkräfte gegen Angriffe zu schützen.

Von Jana Stegemann, Gelsenkirchen

Britta Zur stand an einem Freitagabend Ende November auf dem Düsseldorfer Weihnachtsmarkt am Glühweinstand, als ihr Handy klingelte. Es meldete sich Herbert Reul, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, und bat sie um ein persönliches Treffen in seinem Büro. "Ich hab's zum Glück direkt geglaubt und nicht für einen Scherzanruf gehalten", erinnert sich die Juristin. Ein paar Tage später bot Reul ihr einen Job an, ohne dass sie sich beworben hätte: "Wenn Sie jetzt Ja sagen, gebe ich Ihnen das PP Gelsenkirchen."

Britta Zur sagte Ja. Und so ist sie nun Polizeipräsidentin von Gelsenkirchen, Chefin von mehr als 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - mit 39 Jahren die jüngste Behördenleiterin Nordrhein-Westfalens, jüngste Polizeichefin Deutschlands und nicht nur deshalb eine Figur mit Strahlkraft über das Bundesland hinaus.

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"Polizeipräsidentin? Meine Töchter würden sagen: meeega", sagte Britta Zur diese Woche bei ihrer offiziellen Amtseinführung im Schacht Oberschuir der alten Zeche Consol in Gelsenkirchen. Bevor sie die Bühne betrat, spielte das Polizeiorchester den Song "Supergirl", den hatte sich die Kölnerin gewünscht. Britta Zur wippte mit, sie hatte sich seit Wochen auf diesen Tag gefreut. In ihrer Rede wurde sie dann ernst. "Der eine oder andere mag sich eine Polizeipräsidentin vielleicht anders vorstellen", sagte sie. Nordrhein-Westfalen ist anderen Bundesländern in dieser Hinsicht voraus. Aktuell werden fünf der 18 Polizeipräsidien in NRW von Frauen geleitet, zum Vergleich: in Bayern 2020 kein einziges. Jünger als Britta Zur hat nur Gertrud Bergkemper-Marks 1988 mit 36 Jahren ihr Amt als Polizeipräsidentin von Leverkusen angetreten.

Zur hat sich bereits einen Namen gemacht

Schon als Sprecherin der Staatsanwaltschaft war Britta Zur durch Professionalität und Verbindlichkeit aufgefallen, aber auch mit extravagant-eleganten Outfits. Bei der Amtseinführung trug sie zum kobaltblauen Plisseerock ein gepunktetes Top mit Rüschenkragen, rosafarbene Stiefeletten, Statement-Ohrringe und um den Hals eine goldene Kette mit einem Pistolen-Anhänger. "Für die Frage, ob man ein solches Amt mit Würde, dem nötigen Engagement und ausreichend Intuition ausübt, ist es völlig egal, wie alt man ist, wie man sich anzieht, wie laut die Musik ist, die aus dem Auto tönt, wenn man morgens auf den Hof fährt, oder ob man regelmäßig am Dienstsport des Präsidiums teilnimmt", sagte Zur an die geladenen Gäste gewandt. "Ich verspreche Ihnen, ich werde mein Bestes geben."

Dass man sich auf sie verlassen kann, hat Britta Zur den Polizistinnen und Polizisten in NRW längst bewiesen. Jurastudium in Bonn, Referendariat in Krefeld, Richterin am Landgericht Düsseldorf, dann Wechsel zur Staatsanwaltschaft, wo sie mehr als zehn Jahre für Kapitalverbrechen zuständig war. Vom September 2018 an leitete Zur das neue Sonderdezernat 82 der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Mit diesem Modellprojekt machte sie sich einen Namen.

Die Abteilung bearbeitet zentral Straftaten gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, vom Polizeibeamten über die Gerichtsvollzieherin und den Rettungssanitäter bis hin zu Bademeister oder Lehrerin. Zur verfolgte diese Fälle mit aller Härte des Gesetzes, die Beleidigung eines Amtsträgers kostete bei ihr ein Monatsgehalt. "Erschütternd war für mich, wie weit verbreitet diese Straftaten in allen Gesellschaftsschichten sind." Beleidigungen von Amtspersonen sei ein "Volkssport" geworden, klagt sie. Um sich ein Bild von den Bedingungen zu machen, fuhr Britta Zur schon mal in der Halloween-Nacht im Rettungswagen in Düsseldorf mit. Opfer von eingestellten Verfahren rief die Staatsanwältin nicht selten persönlich an, um die Gründe zu erklären.

Das Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte werde sie in ihrer neuen Funktion ebenfalls ganz oben auf die Tagesordnung setzen, versprach Zur. "Ich werde als Behördenleiterin jeden Strafantrag unterschreiben."

© SZ vom 07.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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