Tod von Achtjähriger: Autofahrer soll vorsätzlich in Schülergruppe gefahren sein

Verkehrsunfall vor Kindertagesstätte in Witzenhausen

Das Auto des Mannes. Einer neuen Bewertung der Ermittler zufolge soll er absichtlich gehandelt haben.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Der Mann soll in Witzenhausen sein Fahrzeug mit Absicht in die Gruppe von Kindern gesteuert haben. Eine Achtjährige starb, zwei weitere Mädchen wurden verletzt.

Nach dem Tod einer Schülerin in Nordhessen wird nicht mehr wegen eines Unfalls, sondern wegen Mordes ermittelt. Das Mädchen wurde von einem Auto erfasst. Es bestehe der Verdacht, dass der Fahrer den Wagen vorsätzlich in die Gruppe von Schulkindern gelenkt habe, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Montag mit. Der Verdächtige sei in eine psychiatrische Einrichtung gekommen. Es gebe Verdachtsmomente dafür, dass er "an einer beträchtlichen psychiatrischen Erkrankung leidet und diese nach derzeitigem Erkenntnisstand ursächlich für den Tatentschluss gewesen sein könnte", berichteten die Ermittler weiter.

Der 30-Jährige soll am Freitag in Witzenhausen mit einem Auto in eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern auf einem Gehweg vor einer Kita gefahren sein. Ein achtjähriges Mädchen erlag wenige Stunden später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Zwei Mädchen im Alter von sieben und acht Jahren wurden schwer verletzt.

Eine Zeugenaussage lässt den Fall in neuem Licht erscheinen

Ermittelt wird jetzt wegen des Verdachts des versuchten sowie vollendeten Heimtückemordes, der gefährlichen Körperverletzung sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Die Ermittler waren zunächst von einem Unfall ausgegangen, Hinweise auf einen Vorsatz hatten sie anfangs nicht. Im Lauf der weiteren Untersuchungen habe sich dann ein bis dahin unbekannter Zeuge gemeldet. Dessen Angaben ließen das Geschehen "in einem völlig anderen Licht" erscheinen, hieß es. Dies sowie die vorläufige Stellungnahme eines Sachverständigen habe zu der neuen Bewertung des Falles geführt, erläuterte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel.

Nun besteht laut Staatsanwaltschaft und Polizei der "dringende Verdacht, dass der 30-Jährige eine aktive Lenkbewegung in Richtung der Grundschüler getätigt und folglich den Tod eines Kindes und die Verletzung mehrerer Kinder vorsätzlich herbeigeführt hat". Hinweise für einen extremistischen oder terroristischen Hintergrund lägen nicht vor. Ermittelt wird wegen des Verdachts des versuchten und vollendeten Heimtückemordes, der gefährlichen Körperverletzung und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Der 30-Jährige soll in seiner Vernehmung von einem "Blackout" gesprochen haben.

Witzenhausens Bürgermeister Daniel Herz (parteilos), der früher bei der Kripo gearbeitet hat, telefonierte noch am Nachmittag mit Polizei und Staatsanwaltschaft. "Die Stimmung im Ort ist seit Freitag sehr bedrückend, gleich ob das jetzt ein Unfall war oder Vorsatz", sagte Herz der Deutschen Presse-Agentur. Die Wendung in dem Fall sei "überraschend". Die meisten Bürger hätten angenommen, "dass etwas Medizinisches dahintersteckt". Allerdings habe es wohl keine Bremsspuren gegeben.

Zu den weiteren Ermittlungen in dem Fall gehört unter anderem die Analyse einer Blutprobe des 30-Jährigen auf mögliche Substanzen wie Drogen, Alkohol oder Medikamente. Zudem wird es um die Frage von dessen Schuldfähigkeit gehen.

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