Schiffsunglück:Tödliche Kollision auf dem Nord-Ostsee-Kanal

Dichter Nebel, ein Aufprall mit voller Wucht und zwei tote Seeleute: Beim schlimmsten Unfall auf dem Nord-Ostsee-Kanal seit Jahren sterben ein Lotse und ein Steuermann.

Dichter Nebel hängt über dem Nord-Ostsee-Kanal. Es ist Donnerstagmorgen, kurz nach sieben Uhr, nahe der Grünetaler Hochbrücke in Höhe Albersdorf. Der russische Frachter Tyumen-2 schiebt sich durchs Wasser. Vier Männer stehen im Ruderhaus, als er plötzlich mit der OOCL Finnland zusammenstößt.

Schiffskollision auf dem Nord-Ostsee-Kanal

Schiffsunglück auf dem Nord-Ostsee-Kanal: Der russische Holzfrachter Tyumen-2 nach der Kollision.

(Foto: dpa)

Zwei Seemänner sterben, zwei werden schwer verletzt. Es ist der schlimmste Unfall auf dem Kanal seit Jahren. Zuletzt war 2002 ein Seemann ums Leben gekommen. Die Wucht des Aufpralls ist ungeheuerlich: Die Brücke der Tyumen-2 reißt ab und stürzt auf das Vorschiff. Der Steuermann, der speziell für die schwierigen Fahrten im Kanal ausgebildet ist, wird mitgerissen und schlägt auf dem Containerschifff auf. Er stirbt. Auch ein Lotse kommt ums Leben. Er soll auf dem russischen Holzfrachter unter den Trümmern der Brücke begraben worden sein.

Der Kapitän und ein Besatzungsmitglied werden schwer verletzt, ein weiterer Mann leicht. Wie es zu dem Zusammenstoß kommen konnte, ist zunächst völlig unklar. "Die Ermittlungen laufen", heißt es beim Havariekommando. Kurz nach dem Unfall rücken mehr als 100 Einsatzkräfte an: Wasserschutzpolizei, Feuerwehrschiffe, Rettungsleute.

Mit Kanalfähren, die sonst Autos, Radfahrer und Fußgänger von der einen Seite zur anderen bringen, kommen Rettungskräfte an Bord der Schiffe. Ihnen bietet sich ein Bild der Zerstörung: Die Tyumen-2 liegt fast quer im Wasser. Bordinstrumente sind umgestürzt und auseinandergerissen, Kabel ragen hervor, ein Telefonhörer baumelt in der Luft, kaputte Stühle sind zu sehen, eine Seite des Schiffs ist eingedrückt.

"Das komplette Steuerhaus ist weg", sagt der Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes Brunsbüttel, als er vor dem Frachter steht. "Das ist schon extrem tragisch und selten." Die Kräfte, die da gewirkt haben müssen, sind groß. Wie groß, vermag zunächst keiner zu sagen. Die Unfallursache sollen die örtliche Wasserschutzpolizei und die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchungen klären.

Die blaue Tyumen-2, 116 Meter lang, 13 Meter breit kann nicht mehr fahren. Zwei Schlepper rücken an, um sie an eine Ausweichstelle zu schleppen. Ein Peilschiff und Taucher suchen nach Trümmern des Führerhauses.

Einige Stunden nach dem Unfall herrscht auf dem Kanal fast eine gespenstische Atmosphäre. Der Nebel hat sich komplett verzogen, der Himmel ist blau. Die meistbefahrende künstliche Wasserstraße der Welt ist gesperrt, erst komplett, später nur noch halbseitig. Der Bereich ist weiträumig abgesperrt. Nur Schiffe von Feuerwehr und Wasserschutzpolizei fahren mit zuckendem Blaulicht über den Kanal. Denn noch ist der zweite Tote nicht geborgen.

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