Niederländisches Rentnerpaar:Gestrandet auf der Oder

Weil ihr Wohnschiff den Fluss nicht befahren kann, harren Paul und Marietta Kamstra an der deutsch-polnischen Grenze der Dinge. Seit einem halben Jahr. Wie geht es ihnen?

Von Magdalena Pulz

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Weltreisende sind am Fluss Oder gestandet

Quelle: Patrick Pleul/dpa

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Da bereist man die ganze weite Welt und dann strandet man ausgerechnet in Brandenburg: Seit einem halben Jahr sitzt ein niederländisches Rentnerpaar im Hafen von Kienitz an der Oder fest. Wegen des niedrigen Wasserpegels kann ihr Schiff, die Avontuur (auf Deutsch: Abenteuer), den Fluss nicht befahren. Es besteht sonst die Gefahr, auf Grund zu laufen. "Damit hatten wir nicht gerechnet. Eine Zeit lang hofften wir noch, dass es vielleicht im Oktober oder November nochmal ordentlich regnet. Jetzt geht es vielleicht erst im März 2019 weiter" erzählt der 74-jährige Paul Kamstra der SZ am Telefon (im Bild mit seiner Frau Marietta am Deck des Hausbootes).

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Bereits seit 2004 wohnen Marietta und Paul Kamstra auf dem Wasser. Die beiden erfüllen sich damit einen Jugendtraum. Ein festes Zuhause haben sie nicht mehr. "Alles verkauft" sagt er (auf dem Bild im Maschinenraum des Schiffs). "Wir könnten gar nicht mehr in einem Steinhaus wohnen". Die 25 Meter lange und fünf Meter breite Avontuur haben sie 2013 gekauft. Das Ehepaar hat es sich auf den 120 Quadratmetern des über 100 Jahre alten Schiffes gemütlich gemacht: Kamin, Küche, Dusche, Handarbeitszimmer, Ledersessel. Alles da.

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Drüben das polnische Ufer, auf der deutschen Seite die Avontuur. Die Oder kann tückisch sein, erst recht bei Niedrigwasser. "Wir haben zwar derzeit eine durchschnittliche Tauchtiefe von einem Meter. Allerdings verändert sich die Fahrrinne aufgrund der Strömung und Wirbeln in der Oder ständig", sagt Sebastian Dosch vom zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Eberswalde. Ein normaler Güterverkehr auf dem Grenzfluss sei nicht in Sicht, solange im Einzugsgebiet der Oder in Polen und Tschechien ergiebige Niederschläge ausblieben. Das heißt für die Avontuur bis auf Weiteres: keine Weiterfahrt.

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Auch wenn sie jetzt festsitzen, die zwei Weltenbummler langweilen sich nicht: Sie können ja trotzdem alles machen, sagen sie: "Ausflüge, Bücher lesen, Werken, Handarbeiten - wie andere Rentner eben auch" erzählt Paul Kamstra der SZ. Im Winter würden sie sowieso oft in einer Stadt pausieren. Und egal wie es weitergeht, die Reise werden sie nicht abrechen: "Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass es wieder regnen wird. Das ist der Klimawandel - erst kommt nichts und dann kommt ganz viel." Die ehemalige Lehrerin Marietta Kamstra sitzt in ihrem kleinen Schiffs-Atelier.

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Paul Kamstra hat seine eigene kleine Ecke in dem Schiff, seine Werkstatt. Der Deutschen Presse-Agentur sagte der ehemalige Maschinenbauingenieur: "Wir haben das schönste Gefängnis, was ich mir denken kann." Biber, Fischotter und Seeadler hätten sie schon beobachtet. Nachts sei es bis auf ein paar Sterne so dunkel, wie man das in der Zivilisation nur noch selten erlebt.

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Eines hat das Ehepaar Kamstra aus jeden Fall raus: Wie man eine gute Zeit hat, egal wie viel Wasser unterm Kiel ist. Außerdem kommen ihre vier Kinder immer wieder zu Besuch. "Unsere Kinder sind stolz auf uns", sagt Kamstra. Zu Weihnachten wollen die Kamstras ihre Kinder und Enkelkinder in Holland besuchen. Diesmal nimmt das Rentnerpaar sein zweitliebstes Fortbewegungsmittel, den Zug. Die Avontuur bleibt derweil und bis auf unbestimmte Zeit da, wo sie ist, im Hafen von Kienitz, Brandenburg, nur ein paar Meter entfernt von der polnischen Grenze.

© SZ.de/pvn/fued
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