Niedersachsen:28 Jahre nach der Tat: Göhrde-Morde vermutlich geklärt

In einem Waldstück in Niedersachsen wurden 1989 kurz hintereinander zwei Paare getötet. Erst jetzt ist klar, wer der Täter war: ein Friedhofsgärtner. Er hat sich bereits vor mehr als 20 Jahren das Leben genommen, aber er hatte wohl einen Komplizen.

Es war ein Verbrechen, das damals die ganze Republik erschütterte. Jahrelang mieden Spaziergänger daraufhin die Göhrde, ein großes Waldgebiet südöstlich von Lüneburg, weil sie Angst hatten, dem Täter in die Hände zu fallen. Dazu trug auch bei, dass der Fall in der TV-Sendung "Aktenzeichen xy ungelöst" Thema war.

Innerhalb weniger Wochen wurden damals zwei Paare überfallen. Als "Göhrde-Morde" wurden die Fälle in den Medien behandelt. Beide Paare wurden im Wald vom Täter überrascht, mit einer Waffe bedroht und anschließend getötet. Ob sie erschlagen oder erschossen wurden, konnte aufgrund des Zustandes der Leichen nur noch teilweise rekonstruiert werden. In beiden Fällen lag der Tatort relativ weit abgelegen in der Natur und in beiden Fällen flüchtete der Täter mit dem Auto seiner Opfer.

Besonders bemerkenswert: Gerade, als die Polizei am ersten Tatort Spuren sicherte, muss sich das zweite Verbrechen ereignet haben. Das ergab eine spätere Rekonstruktion, bei der auch festgestellt wurde, dass die Polizisten einen eventuellen Schuss nicht hätten hören können. Denn beide Tatorte lagen zwar nur 800 Meter voneinander entfernt, aber jeweils in einer Senke. Für die Ermittler war außerdem pikant, dass es sich bei zwei der Opfer um ein Liebespaar handelte, bei dem beide anderweitig verheiratet waren. So mussten die Polizisten nicht nur die Todesnachricht überbringen, sondern den geschockten Partnern auch erklären, mit wem ihr Mann oder ihre Frau da im Wald spazieren ging.

Jetzt glaubt die Polizei, den Fall gelöst zu haben. Mit Hilfe neuester DNA-Analysen hat sich ein Verdacht bestätigt, den die Ermittler schon seit Monaten hegen. Ein damals 40 Jahre alter Friedhofsgärtner soll für die Taten verantwortlich sein, wie die Landeszeitung in Lüneburg berichtet. Ein Polizeisprecher bestätigte den Ermittlungserfolg.

Auf die Spur des Mannes kam die Polizei durch ein weiteres Verbrechen: Vor wenigen Monaten wurde auf dem Grundstück eines Hauses, das der Friedhofsgärtner früher bewohnte, die Leiche einer ebenfalls 1989 verschwundenen Frau entdeckt. Auch in diesem Fall halten die Ermittler den 40-Jährigen für den Täter.

Bereits im Jahr 1989 wurden an einem der Tatorte zwei Haare gesichert, die aller Wahrscheinlichkeit nach vom Täter stammen. Doch mit der damals verfügbaren Kriminaltechnik konnten die Ermittler mit dieser Spur nur wenig anfangen. Erst jetzt haben neue Analysemethoden den entscheidenden Treffer gebracht und eine Übereinstimmung mit dem Fall der verschwundenen Frau ergeben.

Möglicherweise gibt es weitere Taten

Zur Verantwortung gezogen werden kann der Friedhofsgärtner nicht mehr. Er hat sich bereits 1993 das Leben genommen. Die Polizei geht allerdings davon aus, dass er einen Komplizen gehabt hat. Dieser Komplize und der Friedhofsgärtner kommen möglicherweise für weitere Taten in Frage.

Erst im Januar vergangenen Jahres hatte die Polizei in Lüneburg eine neue Ermittlungsgruppe mit Blick auf die Göhrde-Morde eingerichtet. Der Friedhofsgärtner war bereits relativ rasch, nachdem 1989 die Frau verschwand, unter Verdacht geraten, doch die Ermittlungen brachten kein Ergebnis. Eine Verbindung zu den Göhrde-Morden ergab sich dann spätestens 2015, als klar war, dass der Friedhofsgärtner ein mutmaßlicher Serientäter war.

Wolfgang Sielaff, der Bruder einer ermordeten Frau und ehemalige Leiter des Landeskriminalamts Hamburg, hatte in dem Fall über lange Jahre privat ermittelt. Auch nach dem Suizid des Friedhofsgärtners gab er nicht auf. Mit Erlaubnis der Eigentümer untersuchte er das Haus, in dem der Gärtner damals wohnte, und entdeckte dort im September die Knochenreste seiner Schwester.

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