Die Bäckerei ist noch geschlossen, aber vor "Barney's Coffeeshop" nebenan rauchen zwei Australier und ein Spanier ihre letzten legalen Joints in Amsterdam. Sie sind mit Tabak verschnitten und damit bekömmlicher. Im Drogencafé inhalieren die Gäste ihr Marihuana bereits pur.
Seit dem 1. Juli darf in Hollands Cafés und Restaurants nicht mehr geraucht werden. Das gilt auch für die weltberühmten Coffeeshops. Mit einem Unterschied: Der Gesetzgeber hat zwar das Rauchen von Tabak verboten, aber nicht den von Cannabisprodukten. So darf in den Coffeeshops weiter zum Joint gegriffen werden, vorausgesetzt, er besteht aus purem Marihuana oder Haschisch. Alle anderen müssen vor der Tür kiffen.
Kritiker der holländischen Drogenpolitik stoßen sich daran, dass der Verkauf sogenannter weicher Drogen geduldet ist, Anbau und Vorratshaltung aber strafbar sind. Nun schütteln sie ihren Kopf auch darüber, dass zwar Tabakqualm in Cafés verboten ist, der aber von Marihuana nicht - obwohl inzwischen nachgewiesen ist, dass extremer Cannabisgebrauch das Gehirn verändert und zu Schizophrenie führen kann.
Als die Niederlande die sogenannten Softdrugs für den Handel freigaben, und 1970 in Amsterdam der erste Coffeeshop eröffnete, glaubten die Politiker noch an das Gute im Menschen. Sie unterschätzten die Anziehungskraft der Drogen, aber auch die Kreativität krimineller Vereinigungen, die den Handel seitdem im Griff haben.
Wunschtraum und Ziel waren es, das als unlösbar geltende Drogenproblem unter Kontrolle zu halten. "Alles ist verboten, nur der Genuss nicht", umschrieb das Justizministerium die hiesige Drogenpolitik, und wer einen Coffeeshop besucht, kann damit rechnen, dass kein Polizist ihn dort stört. Verkauft wird landesweit in noch etwa 700 geduldeten Coffeeshops, die jährlich etwa 265000 Kilogramm Softdrugs verkaufen, gut zwei Milliarden Euro damit umsetzen und ans Finanzamt 400 Millionen Euro abführen.
Auf acht Milliarden Euro wurde 2003 die Schattenwirtschaft im hiesigen Drogenhandel geschätzt - abgesehen vom immateriellen und finanziellen Schaden. Zwar verstößt in den Niederlanden auch der Handel mit Softdrugs gegen das Gesetz. Aber kleinere Mengen dieser Rauschgifte fallen unter das Toleranzprinzip. Dafür gilt das Wort "gedogen", was so viel heißt wie "strafbar, aber nicht strafwürdig".
"Grünes Gold"
Handel und Besitz von Heroin oder Kokain sind dagegen nach wie vor streng verboten. Wegen dieser Widersprüche wird Holland immer wieder angegriffen. Was Frankreich und Deutschland zum letzten Mal vor zwölf Jahren gefordert haben, die Schließung der Coffeeshops, schaffte auch das neue Tabakgesetz nicht. Aber auch im Land selber mehren sich die kritischen Stimmen.
Die Befürworter einer Legalisierung werden von Polizeichefs, Politikern aber auch Bürgermeistern wie dem Christdemokraten Gerd Leers aus Maastricht, dem Sozialdemokraten Jan Lonink aus Terneuzen oder dem Stadtrat von Amsterdam unterstützt - Städte, in denen der Drogenhandel ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist. So reisen jährlich etwa 1,5 Millionen Drogentouristen aus Deutschland, Frankreich und Belgien allein nach Maastricht. In Terneuzen werden täglich etwa 2900 Drogentouristen aus Belgien und Frankreich gezählt.
Das angebotene "Nederwiet", auch "grünes Gold" genannt, stammt größtenteils aus heimischer Produktion. Weil aber immer mehr Drogentouristen aus aller Welt anreisen, steigt die Nachfrage. Der Handel wird immer stärker von marokkanischen Banden beherrscht, die Cannabis mit Sand, Stärkemitteln oder anderen Stoffen verschneiden und ihre überteuerte Ware mit der miesen Qualität aggressiv in den Grenzregionen verkaufen. Seitdem werden Maßnahmen gefordert.