Neues Personenstandsgesetz:Endlich Anerkennung für Intersexuelle

Vanja wäre gern 'divers'

Ein Plakat wirbt für die Möglichkeit der Möglichkeit, "divers" in seinem Pass stehen zu haben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Pass können sie sich künftig als "divers" führen lassen. Das ist gut. Besser wäre es jedoch, auf die Angabe des Geschlechts ganz zu verzichten.

Kommentar von Kia Vahland

Minderheitenrechte sind Mehrheitsrechte. Jeder kann in die Situation kommen, plötzlich zu einer Minderheit zu gehören: weil er etwa als Oberbayer nach Kiel zieht oder eben ein Kind bekommt, das weder Mädchen noch Junge ist. Nach einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November hat das Kabinett nun einen Gesetzesentwurf beschlossen, wonach Intersexuelle sich nicht mehr einem der beiden herkömmlichen Geschlechter zuordnen müssen, sondern "divers" in den Pass eintragen lassen können.

Damit wird erstmals die besondere Situation und das Lebensgefühl intersexuell Geborener anerkannt. So kann für sie auch irgendwann, hoffentlich, der Zwang entfallen, ihren Körper im Alltag stets erklären, sich an Unpassendes anpassen zu müssen. Doch die neue Regelung des Personenstandsgesetzes ist nur eine Minimallösung. Konsequent wäre es, in amtlichen Urkunden auf Geschlechtszuweisungen zu verzichten, sodass niemand mehr sich entscheiden muss, welche der drei Schubladen am ehesten passen könnte.

Das nähme keinem etwas. Wer sich eindeutig als Frau oder Mann versteht, wird dies auch dann noch ohne Beeinträchtigung tun, wenn der Personalausweis über sexuelle Identität und Biologie schweigt. Eine solche offene Regelung könnte auch Transsexuellen helfen, die als Mädchen oder Jungen geboren wurden, sich aber im falschen Körper fühlen oder unentschieden sind.

Kleinmütig ist der jetzige Gesetzesentwurf auch, weil er für die "Diversen" ärztliche Gutachten verlangt und gleichzeitig nicht verhindert, dass Kleinkinder mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen operiert werden dürfen. Das aber verletzt die Rechte von Babys, die nicht selbst entscheiden können.

Nach der Zeitenwende, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil einläutete, muss Ärzten künftig eine andere Rolle zukommen: Ihre Aufgabe ist es, Menschen auf ihrem Weg und in ihrer Eigenart zu unterstützen, sie medizinisch zu beraten, auch vor Risiken von Operationen zu warnen - nicht aber, nach Gutdünken und dem elterlichen Willen Körper an Normen anzupassen. Minderheitenschutz bedeutet, jeden in seinem Sosein anzunehmen, ohne dieses ständig zu problematisieren und zu pathologisieren.

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