Neues Fischereigesetz:Unruhe im Anglerparadies

Lesezeit: 4 min

Abendstimmung im Hamburger Hafen

Ein Angler im Hamburger Hafen: Manche nennen Angeln in der Stadt inzwischen"Streetfishing".

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

In Hamburg findet jeder Angler den passenden Platz, ob Traditionalist oder Streetfisher. Jedenfalls war das bisher so. Doch nun gibt es in der Hansestadt ein neues Fischereigesetz - und manche sehen den Frieden in Gefahr.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Der Hafen liegt unter tiefen Wolken. Wind. Regen. André ist zufrieden. Er hat die Kapuze seines Anoraks tief ins Gesicht gedrückt und seine beiden Angelruten in Position gebracht. Schlechtes Wetter ist gut. Die Leute bleiben weg. Er kann mit dem Auto bis zur Brüstung fahren und hat Ruhe an seinem bevorzugten Platz vor der Gaststätte Hamburger Elbspeicher direkt an der Waterkant. Er zeigt aufs graugrüne Wasser der Elbe, das sich kraftvoll mit der Flut bewegt. "Hier beißen die Fische gut." Einen Aal hatte er schon, dazu einen kleinen Plattfisch zum Wiederreinwerfen. André kommt aus Berlin. Während der Woche arbeitet er in Hamburg. Sonntagabend geht er gern noch eine Runde fischen in der Stadt. "Man kommt einfach zur Ruhe." André lächelt im Niesel. Er wirkt wirklich sehr entspannt. Angler sind so. Oder?

Hamburg ist so etwas wie die deutsche Hauptstadt des Angelns. Allerdings eine Hauptstadt in Unruhe, auch wenn auf den ersten Blick alles ganz friedlich wirkt hier. Vergangene Woche hat die Bürgerschaft ein neues Fischereigesetz der rot-grünen Stadtstaat-Regierung verabschiedet, das so modern sein soll wie kein anderes in Deutschland. Und Kay Stappen, Gründer des größten Hamburger Anglervereins Anglerfreunde-Nord, sagt: "Ich bin sauer." Wasser ist ein prägendes Element in der Hafenmetropole. Die Alster und die Elbe mit ihren Nebenflüssen machen die Stadt zum vielfältigen Angler-Revier, in dem es entlegene Stellen im Grünen genauso gibt wie aussichtsreiche Positionen im Strom der Passanten.

Streetfishing, als wäre die Tätigkeit ein urbaner Trendsport

Laut Wirtschaftsbehörde gibt es in Hamburg 120 000 Anglerinnen und Angler. An schönen Wochenenden außerhalb der Schonzeiten sind sie nicht zu übersehen in der Hafencity oder an den Landungsbrücken. Angeln ist Touristenattraktion, Wirtschaftsfaktor (es gibt 40 Angelfachgeschäfte) und Ausdruck einer Stadtgesellschaft, welche die Flächen zwischen Straßen und Häusern als nutzbaren Naturraum begreift. In anderen Bundesländern regeln meistens private Pächter den Zugang zu den Gewässern. In Hamburg sind viele frei für Angelscheininhaber. Manche nennen Angeln in der Stadt gar nicht mehr Angeln, sondern Streetfishing, als wäre die Tätigkeit ein urbaner Trendsport. Alles schön.

Aber die Regeln im Paradies waren in die Jahre gekommen. Das bisherige Fischereigesetz stammte von 1986, seine letzte Korrektur erfuhr es 2007. In seiner Gesetzesvorlage begründete der Senat die Reform deshalb mit neuesten Forschungsergebnissen, EU-rechtlichen Vorgaben zum Naturschutz und einem Trend zum Freizeitangeln. Die Veränderungen sind umfassend. Neuerdings ist zum Beispiel vorgeschrieben, dass man pro Tag nicht mehr als zwei Zander behalten darf und dass diese Zander in ein Entnahmefenster passen müssen. Das bedeutet, wenn der Fisch kleiner als 45 Zentimeter oder größer als 75 Zentimeter ist, muss man ihn zurück ins Wasser setzen, um den Fischbestand zu schonen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema