Neue Vorwürfe gegen Bill Cosby:Showdown in L.A.

Mit allen Mitteln hat sich der Entertainer bisher gegen Vorwürfe gewehrt, junge Frauen missbraucht zu haben. Nun hat ein Gericht aber die Klage eines möglichen Opfers angenommen. Ein Wendepunkt?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Für Bill Cosby war der Freitag ein quälend langer, sehr dramatischer Tag, möglicherweise auch ein Wendepunkt. Zunächst einmal war er mehr als sieben Stunden lang unter Eid an einem geheimen Ort in Boston zu den Missbrauchsvorwürfen von Judy Huth befragt worden. Am Nachmittag wies ein Bundesrichter im Bundesstaat Massachusetts den Antrag von Cosby ab, eine Klage von drei Frauen wegen sexueller Nötigung abzuweisen. Am Abend dann erklärten 29 Frauen in der Fernsehsendung Dateline, von Cosby missbraucht worden zu sein - einige von ihnen gaben gar an, dass sie vergewaltigt worden sind.

Insgesamt haben mittlerweile mehr als 40 Frauen öffentlich erklärt, von Cosby missbraucht worden zu sein. Die einzelnen Geschichten unterscheiden sich in Details voneinander, weisen jedoch teils erstaunliche Parallelen auf. Cosby soll sich, so die Vorwürfe, stets als Mentor für aufstrebende junge Frauen angeboten haben, er soll sie auf Feste eingeladen haben, es sollen fast immer Drogen im Spiel gewesen sein. Was die meisten Vorwürfe noch gemeinsam haben: Sie sind so lange her, dass Cosby dafür nicht juristisch belangt werden kann - deshalb gibt es die Auftritte im Fernsehen oder Geschichten wie die im Magazin New York, als 35 Frauen interviewt und auf der Titelseite abgebildet wurden.

Der Fall von Judy Huth allerdings ist vom Bezirksgericht in Los Angeles angenommen worden, weil sie angegeben hat, dass sie die Traumatisierung erst vor drei Jahren bemerkt habe. Im Jahr 1974 soll Cosby die damals erst 15 Jahre alte Huth in die Playboy-Villa des Verlegers Hugh Hefner eingeladen haben. Dort soll er gegen ihren Willen sexuelle Handlungen ausgeführt haben, Cosby soll etwa Huths Hand an seinen Penis geführt und masturbiert haben. "Wir werden aufgrund dieser Aussagen vor Gericht fortfahren und versuchen, Cosby noch einmal zu befragen", sagte Huths Anwältin Gloria Allred am Samstag. Mehr durfte sie nicht verraten, Cosbys Aussage wird bis zum 22. Dezember unter Verschluss bleiben - wie auch die von Huth, die am 15. Oktober an einem geheimen Ort befragt werden wird. Dadurch sollen die Anwälte beider Seiten die Gelegenheit bekommen, die Akten unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu sichten.

Die Geheimniskrämerei verdeutlicht vor allem, dass es bei all diesen Fällen längst nicht mehr nur darum geht, ob Cosby tatsächlich Frauen missbraucht hat, sondern vielmehr darum, ob und inwieweit er dafür belangt werden kann. Die Berichte in Zeitungen und im Fernsehen schaden dem Image des Komikers, doch bislang war er noch nie wegen sexueller Nötigung angeklagt gewesen. Im Jahr 2006 hatte Cosby eine Gerichtsverhandlung gegen Zahlung einer nicht publik gewordenen Summe abgewendet. Die Uni-Mitarbeiterin Andrea Constand hatte ihn wegen sexueller Nötigung verklagt, 13 weitere Frauen waren laut Gerichtsakten zu Aussagen bereit gewesen.

Nun gibt es neben der von Huth noch drei weitere Zivilklagen gegen Cosby. Im Fall der drei Frauen in Massachusetts soll Cosby in den kommenden Wochen zu einer Aussage gezwungen werden. Ihm wird vorgeworfen, Tamara Green, Therese Serignese und Linda Traitz nicht nur missbraucht zu haben. Er soll sie danach in Verruf gebracht haben, als sie ihn dafür belangen wollten. Das ehemalige Model Janice Dickinson hat in Los Angeles Klage gegen Cosby wegen Rufschädigung eingereicht, und erst am Dienstag hat das Model Chloe Goins Cosby wegen sexueller Nötigung verklagt: Dieser Fall soll sich im Jahr 2008 ebenfalls in der Playboy-Villa ereignet haben, weshalb Goins darauf besteht, dass Cosby strafrechtlich verfolgt werde. Die Polizei von Los Angeles hat bereits Ermittlungen aufgenommen. Unklar ist allerdings, ob der Staatsanwalt Klage erheben wird.

Der Freitag verdeutlichte, dass sich all die Verfahren gegen den 78 Jahre alten Cosby noch sehr lange hinziehen dürften. Früher, als er noch ein gefeierter Fernsehstar war, tauchte er in vielen Folgen seiner Show immer dann auf, wenn die Konflikte zu eskalieren drohten. Nun jedoch stiftet Cosby mit den juristischen Scharmützeln noch mehr Verwirrung. Anders als in der Serie geht es jedoch nun nicht um heitere Zankereien unter Freunden und Familienmitgliedern. Die Lage für Bill Cosby ist ernst. Sehr ernst.

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