Neuanfang im Bistum Limburg:Was die Kirche aus der Causa Tebartz lernen kann

Bischofshaus Limburg

Das Bischofshaus auf dem Areal der alten Vikarie gegenüber dem Limburger Dom

(Foto: dpa)

Welche Konsequenzen zieht die katholische Kirche aus dem Skandal in Limburg? Wie lange dauert es, bis ein Nachfolger für Tebartz-van Elst gefunden ist? Und wer wohnt jetzt in der Bischofsresidenz? Wichtige Fragen und Antworten.

Von Oliver Klasen

Nach vorne schauen - das ist jetzt die wichtigsten Aufgaben im Bistum Limburg. An der Basis ist man einerseits froh, dass jetzt Klarheit herrscht, andererseits drängen viele Gläubige darauf, dass aus der Affäre um Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst Konsequenzen gezogen werden. Wie kann die Katholische Kirche aus den Limburger Erfahrungen lernen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was steht in dem Prüfbericht, das man zuvor nicht wusste?

31 Millionen Euro statt der ursprünglich geplanten gut fünf Millionen Euro - die finanzielle Dimension des Skandals um die Limburger Bischofsresidenz war schon absehbar, bevor am Mittwoch der Bericht der von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzten Prüfungskommission veröffentlicht wurde. Ein Blick in das gut 100 Seiten umfassende Dokument verdeutlicht dann aber, wie die "permanenten Änderungswünsche des Bischofs" die Kosten des mittlerweile fertiggestellten Baus exorbitant in die Höhe getrieben haben.

Ein paar Beispiele:

  • Der Mariengarten, den Tebartz-van Elst, als alle Arbeiten schon abgeschlossen waren, abfällig als "Wildnis" titulierte, wurde aufwändig in den "Garten der Stille" umgewandelt. Mehrkosten: 667.000 Euro.
  • Für LED-Sonderleuchten im gesamten Gebäude entstanden Mehrkosten von 665.000 Euro, die Schaffung eines zusätzlichen Kellerraums kostete 75.000 Euro, die Ausstattung des bischöflichen Badezimmers noch einmal 37.000 Euro und 20.000 Euro extra fielen an, weil Tebartz-van Elst auf Lichtschalter mit Sensortastung bestand.
  • Ein Wasserbecken für Koi-Karpfen kostete zusätzlich 213.000 Euro, für eine nachträglich angebrachte Aufhängung für einen Adventskranz in der Kapelle waren 18.000 Euro fällig, weil für die Installation das Dach geöffnet werden musste. Und weil die Steinoberflächen des Kreuzganges beheizt werden sollten, stieg die Rechnung um weitere 18.000 Euro.
  • Ursprünglich waren Verglasungen, Fenster- und Türrahmen mit 910.000 Euro veranschlagt. Weil der Bischof jedoch eine Ausführung in Bronze wünschte, summierte sich dieser Posten schließlich auf mehr als 1,7 Millionen Euro.
  • Für das Parkett, das im Gebäude verlegt wurde, mussten 205.000 Euro bezahlt werden. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von 488 Euro, ungefähr zehnmal so viel wie üblich.
  • Daneben kam es zu Extrakosten von insgesamt 8,3 Millionen Euro durch im Bericht nicht näher bezeichnete "Mehrfachbeauftragungen, Doppelvergütungen und Änderungsleistungen".

Alles in allem urteilt die Kommission, "dass bei einer strikten Anwendung der Prinzipien einer wirtschaftlichen Projektdurchführung Kosten in Millionenhöhe hätten eingespart werden können, ohne dass dadurch wesentliche funktionale und qualitative Einbußen zu erwarten gewesen wären."

An der Spitze des Bistums Limburg, so viel ist außerdem klar, herrschte jahrelang ein System des Verschweigens und Vertuschens. Wie die Prüfungskommission feststellte, wurden die Entscheidungen beim Bau der Bischofsresidenz von nur vier Personen getroffen. "Ausschließlich der Bischof selbst, der Generalvikar, der Diözesanbaumeister und der Geschäftsführer des Bischöflichen Stuhls waren als Personen aus dem Bistum involviert", so die Untersuchungskommission.

Was folgt jetzt aus der Causa Tebartz?

Mehr Transparenz bei den kirchlichen Finanzen, eine bessere Auswahl des Personals und eine stärkere Kontrolle durch die zuständigen Gremien - das scheinen die wichtigsten Lehren aus der Affäre um Tebartz-van Elst zu sein. Entsprechend äußerte sich zum Beispiel Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). "Wir brauchen ein Nachwort zu dem Drama, dass es hier bei uns gegeben hat", sagt auch Peter Auras, Vertreter der Reformbewegung "Wir sind Kirche" im Bistum Limburg. Ohne die Zustimmung des Domkapitels, also des jeweiligen Leitungsgremiums im Bistum, dürften keine größeren Investitionen mehr getätigt werden.

Nötig sei eine innerkirchliche Demokratisierung, die sich auch an Strukturen festmache. So müsse etwa die Diözesanverwaltung auch die Möglichkeit haben, einem amtierenden Bischof bei groben Pflichtverletzungen das Misstrauen auszusprechen. "Kirchenrechtlich ist das schwierig, aber das Recht muss in diese Richtung reformiert werden, damit die zahlenden Schäfchen auch ein Mitspracherecht haben", sagt Auras.

Wer ist der Mann, der Tebartz-van Elst jetzt vorübergehend ersetzt?

Manfred Grothe, 74, ist seit 2004 Weihbischof im Erzbistum Paderborn, zuvor hatte er dort verschiedene Funktionen in der Diözesanverwaltung inne. Grothe ist in Warburg in Ostwestfalen geboren, studierte Theologie und Philosophie in Paderborn, Münster und München, wurde im Jahr 1967 zum Priester geweiht. Von 2009 bis 2013 war er von Papst Benedikt XVI. zum Sonderbeauftragten für das internationale Hilfswerk "Kirche in Not" bestellt worden.

Die Zustände in Limburg kennt Grothe sehr gut, denn er leitete die Prüfungskommission, die jetzt den Bericht über die horrenden Kostensteigerungen beim Bau der neuen Bischofsresidenz vorgelegt hat. Im Limburg amtiert Grothe jetzt jedoch nicht als ordentlicher Diözesanbischof. Er trägt den Titel eines Apostolischen Administrators.

Was unterscheidet einen Apostolischen Administrator von einem Bischof?

Wenn ein Bischofssitz vakant ist, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten, wie die Zeit bis zur Ernennung eines neuen Bischofs überbrückt werden kann. Entweder kann das Domkapitel des jeweiligen Bistums selbst einen Geistlichen zum sogenannten Diözesanadministrator wählen. Dieser führt dann vorübergehend die Amtsgeschäfte. Oder aber es gibt eine von Rom angeordnete Übergangslösung: Der Papst ernennt dann, wie jetzt in Limburg, einen Apostolischen Administrator. Das tut der Heilige Vater üblicherweise dann, wenn zu erwarten ist, dass die Suche nach einem neuen Bischof einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Der Administrator darf im Unterschied zu einem amtierenden Bischof keine Entscheidungen treffen, die die Struktur der Diözese verändern, also zum Beispiel auch keine neuen Gemeindepfarrer ernennen.

Der Apostolische Administrator ist jedoch nicht nur dann eine Lösung, wenn sich, wie in der Causa Tebartz-van Elst, der Amtsinhaber als ungeeignet erwiesen hat. Er wird vor allem dann eingesetzt, wenn ein Bischof aus Altersgründen sein Amt aufgeben will, aber der geeignete Nachfolger nicht sofort bereitsteht. So ist es zum Beispiel bei Robert Zollitsch, dem ehemaligen Erzbischof von Freiburg, der bis vor kurzem auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war. Er bleibt so lange Apostolischer Administrator, bis ein neuer Bischof gefunden ist.

Wann bekommt das Bistum Limburg einen neuen Bischof?

Bis ein Nachfolger für Tebartz-van Elst gefunden ist, dürfte einige Zeit vergehen (hier eine Übersicht über das Prozedere bei einer Bischofswahl am Beispiel des Erzbistums Köln) . "Der Pool für geeignete Kandidaten ist sehr klein geworden", sagt Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Nach seiner Ansicht dürfte die Entscheidung erst im kommenden Jahr fallen, zumal mehrere Bischofsposten in Deutschland neu besetzt werden müssen. Tebartz-van Elsts Nachfolger müsse eine gestandene Persönlichkeit sein, "die integrierend und zusammenführend" wirke. Der Apostolische Administrator Grothe dürfte als Dauerlösung eher nicht in Frage kommen. Schon in wenigen Tagen wird er 75 und erreicht damit die eigentlich für Bischöfe gültige Altersgrenze.

Was passiert jetzt mit der Bischofsresidenz auf dem Limburger Domberg?

Jetzt, wo sie fertig gebaut ist, wird die neue, kostspielige Residenz wohl auch genutzt. Eventuell fungiert der Komplex künftig nicht nur als Wohn- und Amtssitz des neuen Bischofs, sondern auch als Zentrum für kirchliche oder kulturelle Veranstaltungen, wie es aus dem Bistum heißt.

"Letztlich liegt die Entscheidung natürlich beim neuen Bischof, aber das ist das Haus, das wir ihm bieten können", sagt Stephan Schnelle, der Limburger Bistumssprecher. Der neue Amtsinhaber könnte also dort einziehen - und würde dann auch all die luxuriösen Einbauten erben, die sein Vorgänger Tebartz van-Elst in Auftrag gegeben hat.

Dass einem neuen Amtsträger der von seinem Vorgänger erreichte Dienstsitz nicht behagt, kennt man indes aus der Politik: Gerhard Schröder fand das noch von seinem Vorgänger Helmut Kohl in Auftrag gegebene Kanzleramt auch viel zu protzig. Doch dann hängte er ein paar moderne Kunstwerke auf und fand am Ende sogar Gefallen an dem gläsernen Bau, den die Berliner spöttisch nur "des Kanzlers Waschmaschine" nennen.

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