Neonazi-Prozess:Die schlechteste aller Welten

Weil ein Rentner keine Nazi-Musik hören wollte, musste er sterben. Der Täter bekam unverständlicherweise einen Freispruch - nun wird neu verhandelt.

Von Annette Ramelsberger

Seit zehn Jahren waren Heide Dannenberg und Helmut Sackers ein Paar. Ein ganz besonderes Paar: ein Beispiel für die gelungene Verbindung von Ost- und West-Deutschland. 1990, kurz nach der Maueröffnung, hatten sie sich kennen gelernt: Er, der Fernfahrer aus dem westdeutschen Kleve, sie, die Hörbehinderten-Therapeutin aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt.

Zwei Menschen, die das Beste ihrer beiden Welten zusammenlegen wollten. Gerade hatten sie Helmut Sackers 60. Geburtstag gefeiert. Es waren Freunde und Verwandte vom Rhein nach Halberstadt gekommen. Einige waren zum allerersten Mal im Osten. "Wir wollten ihnen zeigen, dass es hier auch schön ist", sagt Heide Dannenberg.

Eine Woche später war Helmut Sackers tot, erstochen von einem ostdeutschen Rechtsradikalen. Das Landgericht Magdeburg sprach den Täter von jeder Schuld frei.

"Immer das Gefühl, dass ich mich rechtfertigen muss"

Heide Dannenberg, die die beiden Welten zusammenführen wollte, stand da und sollte den Verwandten ihres Freundes drüben am Rhein erklären, wie so etwas möglich war. Sie konnte es nicht.

"Ich habe immer das Gefühl, dass ich mich rechtfertigen muss für dieses Land hier", sagt sie. Und dass ihr das überhaupt nicht gelingt - bis heute nicht, vier Jahre nach der Tat.

Von morgen an wird es Heide Dannenberg möglicherweise etwas leichter fallen. Denn der Prozess gegen den Mann, der ihren Gefährten getötet hat, wird vor dem Landgericht Halle neu aufgerollt. Der Bundesgerichtshof hatte der Revision der Familie von Helmut Sackers stattgegeben und den Freispruch gegen den Rechtsradikalen aufgehoben.

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