Nazi-Schiff "Admiral Graf Spee":Schlamm drüber

Immer wieder suchen Taucher im Wrack der Admiral Graf Spee nach Nazi-Reliquien. Nun unterbindet Uruguay den Handel mit diesen Souvenirs - und das Wrack soll unter Wasser bleiben.

Peter Burghardt

Wieder sind sie hinabgetaucht zum berühmtesten Wrack der Nazi-Flotte, dabei war das Wetter am Rio de la Plata in dieser vorerst letzten Woche dieser Geschichte durchwachsen. Es wird Winter in Südamerika, und trotz der Sonne ist das braune Wasser eiskalt und oft bewegt. Vor allem in Montevideo, wo sich das mächtige Flussdelta zum Meer zu öffnen beginnt.

Nazi-Schiff "Admiral Graf Spee": 1939 versenkte die Besatzung derAdmiral Graf Speeihr Schiff selbst vor Montevideo. Uruguay verbietet nun die Bergung gesunkener Schiffe vor der Küste.

1939 versenkte die Besatzung der

Admiral Graf Spee

ihr Schiff selbst vor Montevideo. Uruguay verbietet nun die Bergung gesunkener Schiffe vor der Küste.

(Foto: Foto: AFP)

Doch Héctor Bado und sein Team hatten es eilig bei der Suche nach dem, was nach 70 Jahren von der Admiral Graf Spee geblieben ist. Sieben Seemeilen vor Uruguays Hauptstadt fahndeten sie zwischen Oberfläche und 14 Meter Tiefe vor allem nach den Wappen der Familie, nach dem das Panzerschiff benannt ist. In den trüben Fluten stießen die Froschmänner aber bloß auf den demolierten Bug, den 1960 obendrein ein Öltanker gerammt hatte. Das Holz der Zeichen könnte schon damals bei der Explosion verbrannt sein, vermutet Bado. Auf weitere Recherche am Ort muss er vorläufig verzichten.

Keine weiteren Expeditionen

Seit dem Wochenende gilt Regierungsdekret Nummer 306-006, das solche Expeditionen bis auf weiteres verbietet. Die Vorschrift betrifft sämtliche Schiffe, die im Hoheitsgebiet des kleinen südamerikanischen Landes versunken sind. Das sollen Hunderte sein, darunter uralte Galeonen der spanischen Eroberer. Allein Bados Team beschäftigt sich außer mit der Admiral Graf Spee mit zwei Havaristen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Doch nicht zuletzt geht es um dieses Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg, das seit bald 70 Jahren außer Schatzsuchern auch die Regierungen von Deutschland und Uruguay beschäftigt. Deshalb wurde bereits der geplante Verkauf von heiklen Fundstücken untersagt. Für Héctor Bado ist es auch diesmal "ein politisches Thema".

Jedenfalls steht nun mindestens eine Pause bevor in einem Drama, das Uruguay eher zufällig erfasste. Das Panzerschiff Admiral Graf Spee, 1934 in Wilhelmshaven vom Stapel gelassen, lief schon vor Kriegsbeginn 1939 aus seinem Heimathafen aus, um sich im südlichen Atlantik in Warteposition zu begeben. Mit 55.000 PS, 1150 Mann und schwerer Bewaffnung zog dieses Monstrum der Hitler-Marine in die Seeschlacht im Südatlantik, versenkte 12.000 Kilometer von der Heimat entfernt britische Frachter und schließlich sich selbst.

Nach einem Gefecht mit drei britischen Kreuzern suchte Kapitän Hans Langsdorff angesichts von Schäden und gegnerischer Übermacht Zuflucht im neutralen Hafen von Montevideo. Als die Frist der uruguayischen Gastgeber nach 72 Stunden auslief, ordnete er die Evakuierung und Selbstzerstörung an, um nicht in Feindeshand zu fallen. Am 17. Dezember 1939 wurden draußen in der Bucht die Sprengsätze gezündet, die Mannschaft ging vorher von Bord. "Für mich sind tausend junge Männer lebend mehr wert als tausend tote Helden", schrieb Langsdorff. Drei Tage später erschoss er sich in Buenos Aires.

Auf der nächsten Seite: Die Admiral Graf Spee ging unter - und tauchte doch immer wieder auf.

Nur wenige Überlebende

Viele sind schon tot

Viele seiner Untergebenen blieben in Argentinien und Uruguay, sie prägten ganze Ortschaften, inzwischen sind die meisten von ihnen gestorben. Zu den Überlebenden zählt der frühere Torpedomechaniker Hans Eubel, heute 92 Jahre alt, im Vorwort eines gerade erschienen Buches von Daniel Acosta y Lara und Federico Leicht zum Thema berichtet er: "Ich erinnere mich noch genau an meine Gefühle an jenem Sommerabend, als das Schiff auf Befehl unseres Kommandanten Hans Langsdorff gesprengt wurde. Ihm verdanken wir alle unsere Leben."

Die Admiral Graf Spee ging brennend unter, aber sie tauchte immer wieder auf. In Büchern, Filmen, einem Theaterstück. Und 2004 begann einer der größeren Bergungsversuche, trotz Protestes der rot-grünen Bundesregierung. Ein Kran fischte einen Entfernungsmesser heraus. 2006 holte die Privatfirma des landesweit bekannten Unternehmers Alfredo Etchegaray, seines Bruders Felipe und ihres Partners Bado dann unter internationaler Aufmerksamkeit einen 400 Kilo schweren Bronzeadler mit Hakenkreuz hervor. Da wurde es dann endgültig heikel.

Etchegaray wollte seine Entdeckung im Jetset-Ort Punta del Este versteigern. Ein Franzose bot angeblich mehrere Millionen Dollar. Aus berechtigter Sorge vor neonazistischer Begeisterung verhinderten Uruguays Behörden die Auktion. Der Adler lagert unter Aufsicht der Marine und Ausschluss der Öffentlichkeit, viele Politiker und andere würden ihn dort am liebsten verstauben lassen.

Wem gehört der Schrott?

Nazi-Symbole sind in Ländern wie Uruguay und Argentinien zwar keineswegs verboten, Restposten tauchen immer wieder auf Flohmärkten oder in Ramschläden auf. Aber zum Glück interessiert das Zeug fast niemanden und ist politisch unpopulär. Außerdem glaubt Héctor Bado zu wissen, wer in seiner Heimat den bisher entscheidenden diplomatischen Treffer setzte: "Die Deutschen sind vollkommen dagegen." Dabei hätten die Deutschen eigentlich nichts mehr zu sagen in dem Fall, findet er: "Das Schiff ist eindeutig uruguayisch."

Noch ist umstritten, wem der Schrott tatsächlich gehört, Deutschland, Uruguay oder Privatiers. Einem Schriftstück aus dem Jahre 1940 zufolge erwarb damals ein Uruguayer namens Julio Vega den abgetauchten Torso. Vor einigen Jahren sicherten sich die Etchegarays und Bado die Rechte. Seit Freitag ist der Zwist zumindest unterbrochen. Tauchleiter Bado hofft, die Wogen mögen sich nach Uruguays Präsidentschaftswahl in diesem Herbst zu Gunsten seines Suchtrupps glätten. Er vermutet hinter noch weitgehend intakten Stahlwänden der Admiral Graf Spee lohnende Details. "Man kann die Geschichte nicht auslöschen", sagt er. Ich weiß nicht, wovor die Deutschen Angst haben."

Zuletzt wollte er tonnenschwere Artilleriegeschütze heben, doch die schwimmende Krananlage ging kaputt. Bado sieht Saboteure und Räuber am Werk. Spätestens nächstes Jahr will er weitermachen. Und zum Todestag am 19. Dezember 2009 treffen sich die letzten Veteranen des Streitobjekts am Grab ihres Kapitäns Langsdorff in Buenos Aires. 70 Jahre und zwei Tage, nachdem vor Montevideo die Admiral Graf Spee aus Wilhelmshaven versank.

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