Reykjavik (dpa) - Auf der Nordatlantik-Insel Island sprudelt einmal mehr glutrote Lava aus der Erde. Bei dem dritten Vulkanausbruch im dritten Jahr in Folge hat sich in der Nähe der Hauptstadt Reykjavik ein Hunderte Meter langer Erdspalt aufgetan, aus dem das flüssige Gestein an die Oberfläche tritt.
Nach einem kräftigen Start der Eruption nahm die Aktivität am Dienstag recht deutlich ab, wie Live-Aufnahmen aus dem Vulkangebiet auf der südwestisländischen Reykjanes-Halbinsel zeigten. Am Nachmittag waren vor allem dichte Rauchschwaden zu sehen, die von der Lavafläche aufstiegen.
„Ein deutlich menschenfreundlicherer Ausbruch“
„Das hat sich jetzt zu einem schwachen Ausbruch entwickelt, was sehr gute Nachrichten sind“, schätzte der führende Geophysiker Magnús Tumi Gudmundsson am Dienstag beim isländischen Rundfunksender RÚV ein. Der Erdriss habe sich stark verkürzt und der Lavafluss ebenso abgenommen wie die Gasentwicklung. Glücklicherweise entwickle sich die Eruption nicht so, wie sie in den ersten Stunden ausgesehen habe. „Das ist ein deutlich menschenfreundlicherer Ausbruch“, sagte Gudmundsson.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kam die staatliche Wetterbehörde Vedurstofa. Die Lava trete in dem Spalt aus mehreren Schloten aus, die Aktivität des Ausbruchs habe jedoch seit dessen Beginn erheblich nachgelassen, teilte sie am frühen Nachmittag mit. Auch wenn es sich um eine „verhältnismäßig kleine Eruption“ handle, würden Messgeräte eine erhebliche Aktivität anzeigen. Über dem gesamten unterirdischen Magmatunnel seien Verformungen gemessen worden - es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich andernorts ein neuer Schlot bilde.
Die Lava kommt aus einem Riss in der Erde
Der Ausbruch hatte sich wie bereits vorherige Eruptionen in dem Gebiet im August 2022 und davor im März 2021 mit Tausenden teils kräftigen Erdbeben angekündigt. Am späten Montagnachmittag meldete die Vedurstofa dann schließlich, dass die Eruption gegen 16.40 Uhr in unmittelbarer Nähe des Berges Litli-Hrútur begonnen habe. In der Nacht zum Dienstag sprach die Behörde von einer mittlerweile gut 900 Meter langen Erdspalte und deutlich schneller fließender Lava als bei den vorherigen Ausbrüchen in der Gegend.
Die Eruption sieht dabei nicht so aus, wie man sich einen klassischen Vulkanausbruch vorstellt: Statt eines massiven Lavastroms, der aus einem kegelförmigen Vulkan in die Höhe schießt, sprudelte die glühend heiße Lava vielmehr aus einem länglichen Riss in der Erde hervor. Diese Art von Ausbruch wird auch als Spalteneruption bezeichnet. Sie führt in der Regel nicht zu großen Explosionen oder riesigen Aschesäulen.
Das Vulkangebiet liegt etwa 40 Kilometer südwestlich von Reykjavik. Live-Aufnahmen und Drohnenbilder zeigten ein abermals spektakuläres Naturschauspiel: Glutrote Lavaströme schlängelten sich durch die moosbedeckte Landschaft. Dieses Spektakel könnte in der kommenden Zeit erneut zahlreiche Wissenschaftler und Schaulustige anziehen. Schon die Ausbrüche 2021 und 2022 hatten Vulkanologen und Abertausende Wanderer und Touristen angezogen. Unter anderem wegen der starken Gasbildung rieten die Wetterbehörde und die isländische Regierung jedoch zunächst davon ab, sich in das Gebiet aufzumachen.
Bislang keine Beeinträchtigungen im Luftverkehr
Wie lange das Spektakel diesmal zu sehen sein wird, ist zunächst unklar. „Wir haben keine Ahnung, wie lange dieser Ausbruch anhalten wird und wie er sich genau verhalten wird“, sagte Vulkanexperte Gudmundsson. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde er nicht groß sein, er könne aber durchaus lange andauern. Die Eruption 2021 hatte ein gutes halbes Jahr angehalten, die im Sommer 2022 nur einige Wochen.
Während Reykjavik der wesentliche Ballungsraum der Nordatlantik-Insel mit ihren knapp 390.000 Einwohnern ist, leben auf der Reykjanes-Halbinsel relativ wenige Menschen. Die Gefahr für Wohngegenden und wichtige Infrastruktur wird als gering betrachtet. Auch im Flugverkehr gibt es bislang keine Beeinträchtigungen.
Im Frühjahr 2010 hatte das noch ganz anders ausgesehen: Der Ausbruch des schwer aussprechbaren Vulkangletschers Eyjafjallajökull hatte den internationalen Flugverkehr damals über Tage ins Chaos katapultiert - und das ferne Island schlagartig auf die internationalen Titelseiten.
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