Nachbarschaftsstreit unter Promis:Von Zaunkriegern und Vorort-Berserkern

Der Blick über den Zaun: Nachbarschaftsstreit im Sommer

Nachbarn, die Zaunkrieger und Vorort-Berserker unserer urbanen Lebensräume.

(Foto: dpa-tmn)

Fast jeder ist einer, fast jeder hat einen: Nachbarn sind Menschen, die man einerseits fürchten, andererseits aushalten muss. Das gilt auch für Robbie Williams, der sich zurzeit mit seinem Nachbarn Jimmy Page ein Gefecht am Gartenzaun liefert.

Von Gerhard Matzig

Eine wunderbare Erkenntnis: Sie sind wie wir. Die Titanen und Götter, all die erdentrückten, weltfernen Promis, die Stars und Künstler, die Pop-Poeten, Kunstkönner, Schauspiellegenden und sonstigen Milliardäre - sie sind auch nur Menschen wie du und ich.

Sie sind Menschen in ihrer so jämmerlichen wie absurden, so lustigen wie peinlichen Schwundstufe: als Nachbarn, die sich fetzen. Als Zaunkrieger und Vorort-Berserker. Als Leute also, die man einerseits fürchten, andererseits bedauern und letztlich doch ganz gerne haben muss. Schon, um nicht verrückt zu werden.

Angesichts von mehr als sieben Milliarden Menschen, die steter Verdichtung und Verstädterung ausgesetzt sind, muss man sagen: Jeder ist irgendwann mal Nachbar. Und wie jeder Nachbar weiß: Nachbarn neigen grundsätzlich dazu, schwer einen an der Waffel zu haben. Indizien: Grillen im Garten ab März; das Abspielen von seltsamer Musik; Hecken, die nicht gestutzt werden; eigenartig riechende Speisen, deren Duftschwaden durch den Vorgarten mäandern; kläffende Köter; geigenmalträtierende Kleinkinder; erdverkrustete Joggingschuhe im Treppenhaus; ein Vorgarten, der - Katastrophe! - kurz vor 13 Uhr gemäht wird. Oder - Apokalypse! - er wird gar nicht gemäht.

Robbie Williams und Jimmy Page

Die beiden Musiker Robbie Williams und Jimmy Page liegen im Clinch - wegen geplanter Umbauarbeiten.

(Foto: dpa)

Das alles ist entsetzlich, also menschlich. Wie man nun aber weiß, ergeht es den Titanen nicht anders als Müllers und Meiers: Man zofft sich offenbar auch im Olymp, als wäre dies ein Vorort und man selbst nicht Großgewaltiger, sondern Kleinbürger. Jüngstes Beispiel: Robbie Williams hat Ärger mit seinem Nachbarn Jimmy Page. Wie die britische Sun berichtet, kaufte sich Williams vor einiger Zeit im Westen Londons, im edlen Stadtteil Kensington, für knapp 23 Millionen Euro ein 46-Zimmer-Anwesen, um das "Familienglück" mit Ehefrau Ayda Field und Tochter Theodora Rose "im richtigen Umfeld" genießen zu können.

Akute Verschandelungsgefahr

Zum richtigen Umfeld eines Popgenies zählen aber naturgemäß auch Swimmingpool, Aufnahmestudio - und mindestens ein sehr großes Panoramafenster. Das den Blick freigibt worauf? Auf Nachbar Jimmy. Der Led-Zeppelin-Gitarrist ist, so schreibt The Telegraph sinngemäß, not amused von den Umbauplänen der Familie Williams. Seiner Meinung nach würde der Popkollege erstens die Umgebung verschandeln und zweitens das viktorianische Eigenheim von Page "gefährden". Wegen der drohenden Bulldozerarbeiten.

Und so hat Page genau das getan, was zum festen Ritual der Vorortkriege gehört: Er hat die Behörden informiert und Beschwerde erhoben. Denn auch das ist eine Gesetzmäßigkeit von Zaunkriegen. Man redet am besten niemals direkt mit dem Nachbarn, sondern alarmiert erst mal: Polizei, Feuerwehr, Interpol, mal Baubehören - und die Presse.

Öffentlichkeitswirksam auf Contra

Das gilt auch für viele andere Prominenten-Beschwerden. Paul Breitner zum Beispiel wollte öffentlichkeitswirksam eine höhere Thuja-Hecke um sein Haus in Oberpframmern durchsetzen. Sein Nachbar wollte das nicht. Auch Madonna wollte ihr Londoner Anwesen schützen - mit einer gigantischen Mauer. Die Nachbarn wollten das nicht. Oder nehmen wir den - um es mit den Schlagzeilen der Bunten zu sagen - "Krieg vom Wörthersee": Dort wollte Ingrid Flick ("Milliardärswitwe") eine Straße umverlegen lassen, was aber Heidi Horten ("Kaufhaus-Matriarchin") missfiel, die lieber einen Tunnel haben wollte - wogegen sich wiederum Ferdinand Piech ("Patriarch vom See") verwahrte, den das Tunnelloch "nachteilig betreffen" würde (lesen Sie hier die Details).

Offen ist jedenfalls, wie es nun weitergeht in Kensington. Unser Vorschlag: Jimmy und Robbie, redet miteinander und vertragt euch, seid bittebitte nicht so kleinbürgerlich und spießig wie wir. Das ist uns einfach zu menschlich. Andererseits: hübscher Gedanke, dass all eure Fantastilliarden nicht ausreichen, um ärgerfrei zu leben, wenn dies dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Und der böse Nachbar: Das sind nun mal wir alle.

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