Nach Zugunglück in Sachsen-Anhalt:Ermittlungen gegen Lokführer eingeleitet

Der 40-jährige Lokführer des in den Unfall bei Hordorf verwickelten Güterzuges steht im Verdacht, ein Signal übersehen zu haben. Ein Fahrgastverband fordert indes mehr Investitionen in Ostdeutschland.

Nach dem schweren Zugunglück mit zehn Toten hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg ein Ermittlungsverfahren gegen den 40-jährigen Lokführer des Güterzuges eingeleitet. Es besteht ein Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung des Bahnverkehrs, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei in einer gemeinsamen Erklärung mit. Dieser stütze sich unter anderem auf die Aussage eines Zeugen.

Zugunglueck in Sachsen-Anhalt

Die eingleisige Bahnstrecke bei Hordorf, auf der sich das Unglück ereignete, war wegen der Ermittlungen zur Unfallursache zu Wochenbeginn weiter gesperrt.

(Foto: dapd)

Am Samstagabend waren in Hordorf der Nahverkehrszug Harz-Elbe-Express und ein Güterzug bei dichtem Nebel frontal zusammengestoßen. Bei dem Unfall starben zehn Menschen, 23 wurden verletzt.

Die Strecke war noch nicht mit einem System ausgerüstet, das in solchen Fällen den Zug automatisch bremst. Laut Verkehrsministerium war dies wegen der Streckenbegrenzung auf 100 Stundenkilometer auch nicht vorgeschrieben.

Der Lokführer des Güterzugs erlitt bei dem Unfall lediglich Prellungen. Er soll möglicherweise ein Haltesignal überfahren haben.

Zudem kursiert in Hordorf das Gerücht, dass der Lokführer des Güterzugs auf der hinteren der beiden Lokomotiven gefunden wurde und sich zum Zeitpunkt des Crashs gar nicht in seinem Führerstand aufhielt.

"Dieses Gerücht haben wir auch gehört, können es aber nicht bestätigen", sagte zuvor Ralph Krüger, der Einsatzleiter der Bundespolizei. Er verwies darauf, dass eine Lok nicht allein fahre. Es sei aber denkbar, dass der Lokführer sich in Sicherheit gebracht habe, als er den Regionalzug auf sich zurasen gesehen habe. Krüger warnte zugleich vor voreiligen Schlussfolgerungen.

Junge Passagiere auf dem Weg zur Disco

Von den zehn Todesopfern konnten zunächst nur drei identifiziert werden. Die Opfer wurden wegen der Wucht des Aufpralls offenbar entstellt. Außerdem hatten viele Passagiere, unter ihnen viele junge Leute auf dem Weg zu einer Disco in Halberstadt, keine Papiere dabei. "Das erschwert natürlich die Arbeit", sagte Krüger. Bei der Identifizierung helfen Experten des Bundeskriminalamts.

Bei den drei bisher identifizierten Toten handelt es sich um zwei Männer im Alter von 63 und 74 Jahren aus dem Harzvorland und den Lokführer des Regionalexpress.

13 der 23 Verletzten konnten inzwischen die Krankenhäuser verlassen, andere schweben noch in Lebensgefahr. Fünf Verletzte sollen Ausländer im Alter zwischen 21 und 35 Jahren sein. Vier von ihnen kommen aus Georgien, Kasachstan, Portugal und Brasilien, wie es aus dem Innenministerium in Magdeburg hieß.

Sicherheit "nicht zum Nulltarif"

Als Konsequenz aus dem schweren Zugunglück hat der Fahrgastverband Pro Bahn indes auf allen Strecken automatische Bremssysteme gefordert. Solche Sicherheitssysteme, die beim Überfahren eines roten Signals eine sofortige Notbremsung auslösen, seien "längst nicht auf allen Strecken in Ostdeutschland" eingebaut, sagte Verbandschef Karl-Peter Naumann den Dortmunder Ruhr Nachrichten. Dort müsse jetzt schnell nachgerüstet werden. In Westdeutschland seien entsprechende Systeme dagegen Standard.

Naumann forderte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf, die Sicherheitssysteme wie automatische Bremssysteme auf den Bahnstrecken regelmäßig durch das Eisenbahnbundesamt überprüfen zu lassen. "Sicherheit muss Vorrang haben. Es gibt sie nicht zum Nulltarif", sagte Naumann der Zeitung.

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