Erschossener Teenager in Ferguson:Michael Brown soll Diebstahl begangen haben

Nach dem Namen des Polizisten, der den Teenager Michael Brown erschossen haben soll, werden weitere Details zum Tathergang bekannt. Das 18-jährige Opfer war der Polizei zufolge in einen Ladendiebstahl verwickelt. Die Familie des Getöteten reagiert empört.

  • Die Polizei gibt bekannt, dass der von einem Polizisten getötete Michael Brown eines Ladendiebstahls beschuldigt wurde.
  • Wie es zu den Schüssen auf den 18-Jährigen kam, ist weiter unklar.
  • Der Polizeichef gesteht Fehler ein.

Polizeibericht veröffentlicht

Der Tod eines 18-Jährigen in der US-Kleinstadt Ferguson durch die Schüsse eines Polizisten hat große Empörung unter den Anwohnern ausgelöst - ihr zentrales Anliegen: die Aufklärung des Geschehens in dem Vorort von St. Louis. Tagelang protestierten sie gegen die Tötung des unbewaffneten Afroamerikaners Michael Brown. Nach breiter Kritik an der Vorgehensweise der Polizei - auch in Bezug auf die mangelnden Informationen - ist nun ein Polizeibericht zu dem Fall veröffentlicht worden. Damit geben die Behörden nach der Identität des Schützen neue Details bekannt. Aus dem Bericht geht hervor: Brown soll einen Ladendiebstahl begangen haben, bevor der Polizist Darren W. ihn erschoss.

Dabei soll er gegenüber dem Verkäufer handgreiflich geworden und anschließend eine Packung Zigarren gestohlen haben. Den Wert der Beute beziffert der Bericht mit 48,99 Dollar. Von dem versuchten Ladendiebstahl wurde die Polizei offenbar telefonisch verständigt.

Genauer Ablauf weiter unklar

Wie es anschließend zu den umstrittenen Todesschüssen kam, ist weiter unklar. Der Polizeibericht geht darauf nicht näher ein. Dem Polizeichef von Ferguson zufolge, der vor Journalisten Auskunft gab, hat sich der Beamte Darren W. nach dem versuchten Diebstahl zum Tatort begeben. Bei der Auseinandersetzung mit Brown sei der Polizist verletzt worden, sagte der Polizeichef. Vor den Schüssen soll W. Brown in sein Dienstfahrzeug gedrängt haben. Ob er Brown klar als Tatverdächtigen in dem Diebstahlsfall identifizieren konnte, geht aus dem Bericht nicht eindeutig hervor. Medienberichten zufolge sagte der Polizeichef allerdings, dass W. nicht klar war, dass es sich bei Brown um einen Verdächtigen handelte. Stunden nach der Veröffentlichung des Berichtes sagte er, der Polizist W. habe Brown nicht wegen des Diebstahls aufgehalten. Sondern weil er den Verkehr behindert habe.

Ein Augenzeuge hatte dagegen einen anderen Tathergang geschildert: Brown sei auf dem Weg zu seiner Großmutter gewesen. Als auf ihn geschossen wurde, habe er die Hände in die Höhe gehalten. Brown sei unbewaffnet gewesen. Die örtliche Polizei und die US-Bundespolizei FBI haben Ermittlungen eingeleitet. Das US-Justizministerium ermittelt in einem getrennten Verfahren.

Familie Browns ist empört

Die Familie des Getöteten zeigte sich Medienberichten zufolge empört über die Veröffentlichungen der Polizei. In einer Stellungnahme, die die Washington Post in ganzer Länger zitiert, heißt es: "Die verzögerte Veröffentlichung des Namens des Beamten und die anschließende angebliche Information über einen Raub ist der Grund, warum die Familie und die Menschen vor Ort ein solches Misstrauen gegen die örtlichen Behörden hegen." In der Bekanntmachung sehen die Angehörigen eine Strategie der Polizei, das Opfer zu beschuldigen.

Polizei gesteht Fehler ein

In Bezug auf die tagelangen Proteste in Ferguson gestand der örtliche Polizeichef ein, zu hart gegen die Demonstranten vorgegangen zu sein. "Ich gebe zu, dass ich Fehler gemacht habe", sagte er in einem CNN-Interview. Er stellte aber auch klar, dass bei den Einsätzen mit Gummigeschossen, Tränengas und Rauchbomben kein Protestler verletzt worden sei.

Die Lage in Ferguson

Die Kleinstadt im US-Bundesstaat Missouri glich tagelang einer belagerten Festung. Während fünf aufeinander folgender Nächte war es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Zuletzt wurden die militärisch hochgerüsteten örtlichen Polizeikräfte abgezogen und durch Polizisten des Bundesstaates ersetzt.

Am frühen Samstag waren Medienberichten zufolge wieder schwer bewaffnete Sicherheitskräfte im Einsatz. Bei weiteren Protesten war es erneut zu Ausschreitungen und Plünderungen gekommen. Eine Gruppe Protestierender warf demnach Flaschen und Molotovcocktails. Die große Mehrheit der Demonstrierenden blieb jedoch friedlich.

In zahlreichen anderen Städten der USA gingen die Menschen auf die Straße, um dem getöteten Michael Brown ihre Solidarität zu zeigen und sich gegen Polizeigewalt zu wenden, darunter in New York, Detroit, Chicago, Orlando und Los Angeles. Die Demonstranten streckten gemeinsam die Hände in die Luft und spielten damit darauf an, dass auch der erschossene Brown die Hände vor seinem Tod gehoben haben soll. Auf Twitter machte ein Foto der Howard-Universität in Washington die Runde, auf der Hunderte Studenten mit erhobenen Händen zu sehen sind. Unter dem Hashtag #NMOS14 wurde auf Twitter zu einer landesweiten Schweigeminute aufgerufen.

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