Nach Mordfall Lena:Emder wegen Aufrufs zur Lynchjustiz angeklagt

Die Staatsanwaltschaft wirft einem 18-Jährigen vor, nach dem Tod der kleinen Lena aus Emden in seinem Facebook-Profil zur Erstürmung der Polizeiwache und zum Lynchmord aufgerufen zu haben. Zu dem Zeitpunkt befand sich ein wenig später entlasteter Jugendlicher in Polizeigewahrsam.

Die Staatsanwaltschaft im ostfriesischen Aurich hat gegen einen jungen Mann aus Emden nach einem Aufruf zur Lynchjustiz Anklage erhoben. Der 18-Jährige müsse sich wegen seiner Aufforderung zu einer Straftat im sozialen Netzwerk Facebook verantworten, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Er soll zur Erstürmung der Emder Polizeiwache aufgerufen haben. Dort saß Ende März ein 17-Jähriger in Gewahrsam, der irrtümlich unter Mordverdacht im Fall der getöteten elfjährigen Lena aus Emden stand. Nach dem Internet-Aufruf hatten sich nachts bis zu 50 Menschen vor der Wache versammelt und die Herausgabe des vorläufig Festgenommenen verlangt. Zu Übergriffen kam es nicht.

Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) bezeichnete die Anklageerhebung als "richtig und konsequent". Mit der Anklage werde der Ernst des Vorgangs hervorgehoben, sagte Busemann. Die Aufforderung zu Straftaten sei schließlich kein Kinderspiel. Der Fall werde hoffentlich "allen eine Lehre sein, die allzu leichtfertig mit dem Medium Internet umgehen, ohne sich Gedanken über die Folgen ihres Tuns zu machen", sagte er.

Der Angeschuldigte soll sich vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Emden verantworten. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht entschieden. Nach Paragraf 111 Strafgesetzbuch wird derjenige, der öffentlich zu einer Straftat auffordert, wie ein Anstifter bestraft, wenn die Aufforderung Erfolg hat. Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, ist für Erwachsene Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren angedroht.

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