Nach Flugzeugabsturz 4U9525:Langer Weg zurück zur Normalität

Nach Flugzeugabsturz 4U9525: Schwierige Räumarbeiten: Helfer bergen ein Trümmerteil am Absturzort von Flug 4U9525 in Frankreich.

Schwierige Räumarbeiten: Helfer bergen ein Trümmerteil am Absturzort von Flug 4U9525 in Frankreich.

(Foto: Yves Malenfer/AP)
  • Alle Opfer des Germanwings-Absturzes sind geborgen. Die Aufräumarbeiten werden wohl noch ein Jahr dauern.
  • Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Luftfahrtbranche und der Bundesregierung untersucht, ob Cockpittüren verändert werden müssen.
  • Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält ein Berufsverbot für Menschen mit Depressionen für denkbar. Allerdings gibt es bereits eine vergleichbare Regelung.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

"Danke für Ihr Vertrauen", sagt der Pilot auf dem Flug von Bologna nach Köln. "Danke, Sie unterstützen uns sehr." Früher war es meistens so, dass man die Stimme des Piloten gar nicht hörte, nur der Co-Pilot in einem kantigen Englisch etwas ins Mikrofon nuschelte. Auf dem Germanwings-Flug aus Italien am Mittwochabend steht der Pilot selbst im Gang und sagt noch einmal danke: "Wir sind auch alle freiwillig hier. Wir wünschen einen guten Flug. Und versprechen, wir werden auch ankommen." Die Passagiere klatschen.

Lufthansa und Germanwings im Ausnahmezustand

Fast drei Wochen nach dem Absturz einer Maschine in den französischen Alpen ist bei der Lufthansa und ihrer Tochter Germanwings die Normalität immer noch in weiter Ferne. Wohl ein Jahr wird es dauern, bis alle Trümmer an der Unglücksstelle eingesammelt sein werden. Die Ermittler haben dort alle Opfer geborgen und ihre Habseligkeiten verpackt - und den Tatort an die Lufthansa übergeben. Bodenproben werden dort genommen, um festzustellen, wie stark der Untergrund mit Kerosin verseucht ist.

Vom Ergebnis hängt ab, ob der Konzern auch die Region entschädigen muss; die Anwohner befürchten, das ausgetretene Kerosin könnte das Grundwasser vergiften. Darüber hinaus hat eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Luftfahrtbranche und der Bundesregierung mittlerweile ihre Arbeit aufgenommen. Sie will untersuchen, ob nach dem Unglück die Cockpittüren verändert werden müssen. Nach den Terroranschlägen vom 11. September wurde die Pilotenkanzel gegen Angreifer von außen gesichert. Deshalb konnte sich Andreas Lubitz allein im Flugzeug einschließen.

Diskussion über Depression und Beruf

Außerdem will die Gruppe diskutieren, wie die Tauglichkeit der Piloten künftig überprüft werden soll. Bisher spielt vor allem die körperliche Fitness eine große Rolle. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält gar ein Berufsverbot für Menschen mit Depressionen für denkbar. Voraussetzung sei eine "sorgfältige medizinische Begutachtung", sagte Herrmann dem Magazin Focus.

Wenn diese Begutachtung zu dem Ergebnis komme, "dass etwa ein Pilot, ein Busfahrer oder ein Taxifahrer dauerhaft nicht mehr geeignet ist, Menschen oder sonstige Güter zu transportieren, ohne dass Gefahr für Leib und Leben anderer besteht, dann kann solchen Personen auch der Führerschein beziehungsweise die Lizenz entzogen werden", sagte Herrmann.

Allerdings ist das bereits jetzt der Fall: Wenn ein Pilot als depressiv diagnostiziert ist, darf er nicht ins Cockpit, er braucht dazu ein Gutachten, das ihm die Genesung attestiert. So war es bei Andreas Lubitz, der nach einer angeblich bereits abgeklungenen Depression aus dem Jahr 2009 weiter an psychischen Problemen litt, darüber aber nicht mehr mit den Fliegerärzten sprach, weil ihn das die Lizenz gekostet hätte.

Grundproblematik bleibt bestehen

Auch öffentlichkeitswirksame Forderungen nach einem Berufsverbot wie die von Herrmann ändern also nichts an der Grundproblematik: Ein Pilot, der an Depressionen leidet, wird Ärzten eher nichts von seiner Krankheit berichten, wenn ihm dafür ein Berufsverbot droht.

149 Menschen starben, weil Andreas Lubitz ein Flugzeug gegen die Berge steuerte. Am kommenden Freitagmittag bei der zentralen Gedenkfeier, zu der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck erwartet werden, wollen Vertreter der katholischen Kirche auch seiner mit einer Kerze gedenken, 150 sollen im Kölner Dom brennen. Vertreter der Opfer haben sich bereits dagegen ausgesprochen.

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