Nach Exekution von Tookie Williams:Auf Abstand zur steirischen Eiche

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Schwarzenegger gnadenlos - das nimmt Österreich übel.

Michael Frank

Der Terminator hat zum dritten Mal in seiner Amtszeit bitteren Ernst und einem Menschenleben ein Ende gemacht. Und nun erbebt der Boden, aus dem die "Steirische Eiche" gewachsen ist, die Arnold Schwarzenegger heißt, als Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien amtiert und keine Gnade kennt.

Arnold Schwarzenegger (Foto: Foto: AFP)

Er hat Stanley Tookie Williams' Begnadigung abgelehnt, hat den - nach einem aus heutiger Sicht zweifelhaften Urteil - vierfachen Mörder hinrichten lassen, weil er keine Anzeichen von Reue habe entdecken können.

Dass der Delinquent die Verbrechen bis zuletzt leugnete, galt Schwarzenegger als Zeichen der Kaltherzigkeit, nicht als Anlass zu Zweifeln am Gerichtsverfahren.

Was sind sie alle stolz gewesen, als "Arnie" zum Gouverneur gewählt wurde: Landeshauptfrau Waltraud Klasnic und ihr Vorgänger Josef Krainer versicherten sich und der Öffentlichkeit, dass der große Kalifornier keine besseren Freunde kenne als sie beide.

Sein Heimatort Thal ernannte ihn zum Ehrenbürger. Die Landeskapitale Graz verlieh ihm den Ehrenring der Stadt und benannte gar das Stadion in Arnold-Schwarzenegger-Arena um, was schon schwieriger zu begreifen ist.

Denn die Ausbildung von Muskelpartien - Schwarzenegger verdankte ersten Ruhm und seine Karriere als Filmstar dem Bodybuilding - gilt zumindest in Europa nicht als Massenspektakel.

Als Abgesandten europäischen Geistes und mitteleuropäischer Kultur, als Mahnmal steirischer Herzlichkeit und Gesittung hatte man sich ausgerechnet diesen muskelbepackten Kraftlackel vorgestellt im fernen, noch immer irgendwie für barbarisch angesehenen Amerika.

Und jetzt erschrecken sie alle vor dem furchtbaren Kalifornier. Und es soll vorbei sein mit den Ehrungen. Dass inzwischen in der Steiermark die politischen Vorzeichen umgestülpt wurden - aus der "schwarzen" Hochburg wurde ein "rotes" Land -, hat damit wenig zu tun.

Wenn der stellvertretende Landeshauptmann Kurt Flecker, SPÖ, sagt, "Schwarzenegger hat seine Herkunft offensichtlich vergessen", spricht er auch der bürgerlichen Rechten aus dem Herzen.

In Thal überlegen sie nun, ob dem Gouverneurs-Schauspieler unverzüglich die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen sei. Zwar stemmt sich der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP dagegen, gleich Ehrenring und Stadionbenennung zurückzunehmen.

Denn der Mann, der mit der Filmserie "Terminator" rumpelnd Furore machte, sei seines sozialen Engagements wegen geehrt worden, nicht wegen seiner Staatsfunktion.

Der Bürgermeister hatte neben zahlreicher Prominenz aus aller Welt in einem persönlichen Brief versucht, seinen Landsmann zum Einlenken bei der Hinrichtung zu bewegen. In der steirischen SPÖ-Fraktion hält man jedenfalls die Umbenennung der Sportstätte in Jochen-Rindt-Arena für denkbar - nach dem tödlich verunglückten, berühmten Rennfahrer.

Graz' wichtigsten Sportplatz in Stanley-Tookie-Williams-Stadion umzubenennen, wie es die Grünen fordern, gilt hingegen als aussichtslos.

Ach, die Grünen. Deren Bundes-Sicherheitssprecher Peter Pilz wurde massiv wie kein anderer im enttäuschten Land. Er bewertete die Zustimmung zur Hinrichtung als "Beihilfe zum staatlichen Mord" und erklärte: "Wer aus politischem Kalkül einen vorbildlich resozialisierten Menschen töten lässt, stellt sich außerhalb der Grundwerte unserer österreichischen Gesellschaft."

Pilz verlangt schlicht, Schwarzenegger die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Ludwig Dvorak, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ), schließt sich dem an, wohingegen Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel derlei für "absurd" erklärt. Dennoch sei jede Hinrichtung zu bedauern.

Einige Empörung hat die kaltschnäuzige Reaktion des Grazer Diözesanbischofs Egon Kapellari gegenüber der Wiener Tageszeitung Der Standard ausgelöst: "Wir können uns nicht jedes Mal aus Österreich melden, wenn irgendwo auf dieser Welt eine Menschenrechtsverletzung passiert."

Das Blatt erinnert den Oberhirten daran, dass Schwarzenegger als Österreicher immer noch zu Kapellaris Schäfchen gehöre. Und: "Ein Bischof, der die Abtreibung strikt ablehnt, sollte dies auch in der Frage der Todesstrafe tun", umso nachdrücklicher, "je mächtiger der Adressat ist."

© SZ vom 15.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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