Nach Entführung in Hamburg:113 Feuerlöscher und eine Telefonzelle

Vier Tage nach der erfolgreichen Flucht eines Entführungsopfers durchsuchen Ermittler weiter die Wohnung des mutmaßlichen Geiselnehmers in Hamburg-Barmbek. Neben einer Telefonzelle sind sie auf mehr als 100 Feuerlöscher gestoßen. Möglicherweise enthalten sie teilweise Sprengstoff.

Nach der Entführung einer 26-jährigen Frau in Hamburg stellt die Polizei immer mehr, teils bizzarr wirkende Beweisstücke aus der Wohnung des mutmaßlichen Geiselnehmers sicher. Bislang fanden die Ermittler 113 Feuerlöscher, an neun wurden Sprengstoffspuren festgestellt. Unterdessen schweigt der Mann laut Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers weiter zu den Tatvorwürfen.

Bewaffneter 30-Jaehriger hielt Frau in seiner Wohnung gefangen

Offenbar sollte diese Telefonzelle dem mutmaßlichen Entführer als schalldichter Raum dienen. Außerdem fanden die Ermittler mehr als 100 Feuerlöscher in der Hamburger Wohnung.

(Foto: dapd)

Der 30 Jahre alte Beschuldigte soll am vergangenen Freitag eine Frau entführt und sie in seiner Wohnung eingesperrt haben. Das Opfer konnte fliehen. Die erneute Untersuchung der Wohnung des Mannes im Stadtteil Barmbek dauerte an diesem Dienstag an. Bereits tags zuvor hatte die Polizei eine explosive Substanz im Keller des mutmaßlichen Geiselnehmers gefunden. Daraufhin waren 106 Menschen aus den umliegenden Wohnungen und Nachbargebäuden vorübergehend evakuiert worden. Der Abtransport der verdächtigen Gegenstände dauerte mehrere Stunden.

Ebenfalls am Montag hatte die Polizei in der Wohnung eine Telefonzelle entdeckt, die offenbar als schalldichter Raum dienen sollte. Die Feuerlöscher und die Spuren der explosiven Substanz wurden zur Untersuchung in das Depot des Landeskriminalamtes im Stadtteil Bergedorf gebracht. Zuletzt war weiter unklar, ob sich das Gemisch auch in den Feuerlöschern befindet. Die selbst hergestellte Substanz befand sich laut Polizei jedoch in der Handgranate, die der Beschuldigte bei seiner Festnahme bei sich trug.

Die Staatsanwaltschaft geht wegen der in der Wohnung gefundenen Lebensmittelvorräte davon aus, dass der Mann die Frau über mehrere Wochen gefangen halten wollte. Der mutmaßliche Geiselnehmer schweige weiter zu den Tatvorwürfen, sagte Oberstaatsanwalt Möllers.

Auffällig, aber nicht vorbestraft

Der Mann sei nicht vorbestraft. Allerdings sei der Beschuldigte seit 2009 in fünf Fällen wegen Nachstellung aufgefallen. Die Ermittlungen seien wegen fehlenden Tatverdachts jedoch eingestellt worden, sagte Möllers. Zur Verfassung des Opfers wollte die Polizei am Dienstag auf keine Angaben machen.

Anwohner hatten am vergangenen Freitag gesehen, wie die Frau vom Balkon einer Hochparterre-Wohnung sprang und davonlief. Der 30-Jährige folgte ihr. Kurz nachdem die alarmierte Polizei eintraf, kehrte der Mann zurück in seine Wohnung und wurde dort festgenommen. Er trug eine scharfe Handgranate sowie eine durchgeladene Schusswaffe bei sich. Gegen den mutmaßlichen Täter erging Haftbefehl. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren.

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