Nach dem Erdbeben in Haiti:UN befürchten eine Million Obdachlose

Dramatische Lage in Haiti: Nach der Erdbebenkatastrophe leben Hunderttausende Menschen in Zeltlagern oder auf der Straße. Die UN fordern mehr Geld und Personal.

Zwölf Tage nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti hat der Übergangschef der dortigen Mission der Vereinten Nationen (UN), Edmond Mulet, eine Verstärkung des Hilfseinsatzes gefordert.

Nach dem Erdbeben in Haiti: Bis zu einer Million Menschen in Haiti sind obdachlos - sie brauchen dringend Zelte und Baumaterial.

Bis zu einer Million Menschen in Haiti sind obdachlos - sie brauchen dringend Zelte und Baumaterial.

(Foto: Foto: Reuters)

"Ich brauche Personal, ich brauche Soldaten", sagte der Guatemalteke am Sonntag dem US-Nachrichtensender CNN. Mulet ist seit dem Erdbeben Chef der mittlerweile 12.500 Mann starken UN-Mission. Sein Vorgänger, der Tunesier Hédi Annabi, war bei dem Beben ums Leben gekommen.

Vereinte Nationen und Hilfsorganisationen stehen in Haiti vor extrem großen Herausforderungen. Denn in dem Karibikstaat könnte es der UN zufolge bis zu einer Million Obdachlose geben. Das UN-Büro zur Nothilfe-Koordinierung rechnet mit 800.000 bis zu einer Million Menschen, die dringend Zuflucht suchten, wie die UN am Sonntagabend in New York mitteilten.

Gleichzeitig würden immer mehr Menschen in Bussen und Lastwagen der Regierung die Hauptstadt Port-au-Prince verlassen. Die Zahl der Toten nach dem Jahrhundertbeben geben die UN jetzt mit mehr als 112.000 an, 194.000 Menschen seien verletzt worden.

Im Video: Eineinhalb Wochen nach der Erdbebenkatastrophe in Haiti erschweren Chaos und Zerstörung zunehmend die Hilfsbemühungen. Weitere Videos finden Sie hier

Um die obdachlosen Menschen unterzubringen, würden dringen Zelte und Baumaterial gebraucht, heißt es in dem UN-Bericht. Für die Überlebenden müssten Übergangslager eingerichtet und unterhalten werden. Derzeit stünden etwa 10.000 Zelte zur Verfügung, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Sonntag in Genf mit. Um einer halben Million Menschen ein Obdach zu bieten, seien jedoch zehnmal so viele Zelte nötig.

Immer mehr Menschen nutzen UN-Angaben zufolge die kostenlosen Transportmöglichkeiten, um aus Port-au-Prince fortzugehen. Schon 235.000 Einwohner hätten so die Stadt verlassen. Viele seien Richtung Norden nach Artibonite gefahren, dem größten Departement Haitis. Hinzu kämen noch viele Überlebende, die Port-au-Prince auf eigene Faust verlassen hätten.

Oxfam fordert Schuldenerlass

Hilfsorganisationen bemühten sich, einen Überblick über die Flüchtlinge zu bekommen, um sie auch außerhalb der Hauptstadt versorgen zu können. Von Montag an wollen die Vereinten Nationen mit speziellen Erkundungsteams herausfinden, welche Hilfsgüter gebraucht werden.

Knapp zwei Wochen nach dem Jahrhundertbeben in Haiti beginnen nun die Planungen für den langfristigen Wiederaufbau des Karibikstaates. Vor einem an diesem Montag beginnenden Haiti-Krisentreffen in Kanada verlangte die Hilfsorganisation Oxfam einen Schuldenerlass für den verarmten Karibikstaat.

"Zu erwarten, dass Haiti Millionen Dollar zurückzahlt, während das Land kämpft, um eine der schlimmsten Naturkatastrophen der jüngsten Vergangenheit zu überwinden, wäre grausam und unnötig", sagte der Generaldirektor von Oxfam International mit Sitz in London, Jeremy Hobbs. Seinen Angaben zufolge belaufen sich die internationalen Schulden Haitis auf 890 Millionen Dollar (630 Millionen Euro).

Erneutes Nachbeben

An diesem Montag wollen sich die Vertreter mehrerer Geberländer zu Beratungen in Montréal treffen, um die Hilfen für das zerstörte Land besser zu koordinieren. Zugleich wollen sie eine Geberkonferenz für Haiti im März vorbereiten.

In Brüssel wollen zudem die Außenminister der Europäischen Union über eine verstärkte Unterstützung für Haiti beraten. Länder wie Frankreich fordern dem Vernehmen nach eine europäische Beteiligung an einer Krisenmission für den Inselstaat. Die Sicherheitslage in Haiti gilt seit dem Erdbeben als kritisch. EU-Außenministerin Catherine Ashton will sich in Kürze einen Eindruck vor Ort verschaffen.

Unterdessen wurde Haiti am Sonntag von einem weiteren Nachbeben der Stärke 4,7 erschüttert. Seit dem verheerenden Beben gab es etwa 50 Nachbeben, das stärkste davon am Mittwoch mit einer Stärke von 5,9.

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