Nach dem Erdbeben in der Türkei:Zwischen Hoffen und Bangen

Mehr als 100 Stunden nach dem schweren Beben läuft den Rettungskräften die Zeit davon. Die Hoffnung, noch Überlebende aus den Trümmern zu bergen, schwindet von Minute zu Minute. Doch immer wieder gibt es kleine Wunder - und auch dem zwei Wochen alten Säugling Azra geht es gut.

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In der Erdbebenregion Van im Osten der Türkei sinkt die Chance, noch Überlebende aus den Trümmern zu bergen. Seit mehr als 100 Stunden liegen die Opfer nach dem schweren Beben am Sonntagmittag nun unter den Trümmern begraben. Hinzu kommt der Wintereinbruch in der Region: Bei frostigen Temperaturen fällt Schneeregen. Die Zahl der entdeckten Toten erhöhte sich auf 550, berichtet der türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Umso größer ist die Freude, als es gelingt, einen 13-Jährigen lebend zu bergen. Der Junge aus Ercis lag fast 108 Stunden unter Schutt begraben. Rettungskräfte bringen den verletzten Jugendlichen ins Krankenhaus. Nur wenige Stunden zuvor gelang es zwei weitere junge Männer zu retten. Suchmannschaften aus der Türkei und aus Aserbaidschan konnten die 18 und 19 Jahre alten Kurden befreien. Und auch bei Seniha Karaduman, der Mutter des vor zwei Tagen geretteten Säuglings, ist die Erleichterung groß.

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Die 24-jährige Mutter der zwei Wochen alten Azra konnte gemeinsam mit ihrem Baby und dessen Großmutter aus dem Schutt ihres Wohnhauses befreit werden. Mutter und Tochter werden in einem Krankenhaus in Ankara behandelt.

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Beiden geht es den Umständen entsprechend gut. Seniha und ihre kleine Tochter erlitten wie durch ein Wunder lediglich eine Dehydrierung und Unterkühlung. Das Schicksal des Vaters ist jedoch weiterhin unbekannt. Er war gemeinsam mit seiner Familie verschüttet worden.

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Am Dienstag gelang es den Rettungskräfte das Baby lebend aus den Trümmern eines Wohnhauses in Ercis zu bergen. Die Stadt nahe der Grenze zu Iran wurde besonders schwer von dem Beben der Stärke 7,2 getroffen.

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Erst zwei Wochen zuvor kam die kleine Azra Karaduman zur Welt  - schon gleich zu Beginn ihres Lebens gerät sie mitten in die Katastrophe. Die Familie Karaduman wurde am Sonntag von dem Erdbeben in ihrer Wohnung überrascht. Stundenlang versuchen die Bergungsmannschaften am Dienstag - zunächst vergeblich - an sie heranzukommen.

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Die Rettungskräfte graben unter Hochdruck - bis sie endlich das Baby erreichen und es unter den Trümmern hervorziehen können. Dann endlich gelingt es Kadir Direk, dem kleinsten Mitglied im Rettungsteam, sich durch die Trümmer zu zwängen. Er holt die kleine Azra vom Schoß der eingeklemmten Mutter und bringt den nackten Säugling unter dem Jubel der Helfer in die Freiheit.

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"Als ich die Kleine in meinen Armen hielt, war ich der glücklichste Mensch der Welt", erzählt Azras 35-jähriger Retter Kadir Direk. "Als ich nach ihr griff, bat mich die Mutter, ihr einen zweiten Namen zu geben." Direk entscheidet sich für Aysenur, eine Kombination aus dem Namen der Frau des Propheten Mohammed und dem Wort "Licht". Sofort nach ihrer Rettung wird Azra Aysenur in eine Decke gewickelt und den wartenden Sanitätern übergeben.

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Eine Sanitäterin hält das Baby im Arm - die kleine Azra wird so schnell wie möglich in eine improvisierte Krankenstation in Ercis gebracht.

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(Foto: action press)

Der behandelnde Arzt des Babys sagt: "Es ist gesund und es wird leben."

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Azras Mutter Seniha und ihre Großmutter Gulzade wurden gemeinsam mit dem Säugling verschüttet. Nach der Rettung des kleinen Mädchens mühen sich die Retter, auch ihre Verwandten aus dem Gebäude zu befreien. Mit Erfolg: Wenige Stunden später sind auch Seniha und Gulzade fei. Die über 70-jährige Großmutter von Azra klemmte sich den Fuß unter dem Beton ein. Die 24-jährige Mutter leidet dagegen nur an Dehydrierung. Hier bringen Retter Mutter Seniha auf einer Trage zum Krankenwagen.

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Der Vater des Babys wird noch vermisst. Er soll ebenfalls in der Wohnung verschüttet worden sein - von ihm fehlt jedoch jedes Lebenszeichen. Nach jüngsten Behördenangaben starben 550 Menschen, etwa 2300 wurden bei dem schweren Beben verletzt. Die wundersame Rettung von Azra ist eine hoffnungsvolle Botschaft in einer verzweifelten Lage. Den Rettungskräften läuft im Kampf um die Menschen, die lebendig unter den Trümmern liegen, die Zeit davon. Eine andere Geschichte der Hoffnung hat unterdessen ein tragisches Ende genommen. Vor Tagen ging das Bild des 13-jährigen Yunus um die Welt, der aus Trümmern befreit werden konnte. Doch der Junge starb Medienangaben zufolge noch auf dem Weg ins Krankenhaus, offenbar waren die inneren Verletzungen zu schwerwiegend. Das berichten die Bild-Zeitung und türkische Medien.

© sueddeutsche.de/afp/dapd/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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