Die Kirchenglocken läuteten. Rundfunk- und Fernsehsender blieben dagegen für 60 Sekunden still. Taxifahrer stiegen mitten auf der Straße aus ihren Fahrzeugen, die meisten Busse und Trambahnen in Brüssel und in anderen Orten stoppten ihre Fahrt. Auf den Straßen blieben viele Menschen stehen und verharrten in stillem Gedenken.
Um elf Uhr an diesem Freitag hat Belgien der 28 Opfer des schweren Busunglücks im Schweizer Kanton Wallis gedacht. Staatstrauern sind in Belgien ausgesprochen selten: Zuletzt stand das ganze Land 1993 nach dem Tod König Baudouins still. Auch die Niederlande trauern um sechs Kinder, die bei dem Verkehrsunglück ums Leben kamen. Aus Respekt gegenüber den Opfern wurden hier alle Flaggen an offiziellen Gebäuden auf Halbmast gesetzt.
Kurz vor Beginn der Schweigeminute waren auf dem Militärflughafen Melsbroek in Brüssel zwei Militärflugzeuge mit den Särgen der Todesopfer gelandet. Auch einige der 24 verletzten Kinder sowie mehr als 100 Angehörige der Unfallopfer werden heute zurück nach Belgien geflogen. Die Familienangehörigen hatten am Donnerstag bei der Identifizierung der Toten geholfen; einige Eltern besuchten auch die Unglückstelle nahe des Schweizer Ortes Siders.
22 Schulkinder und sechs Erwachsene waren am Dienstag ums Leben gekommen, als ihr Reisebus in einem Tunnel auf der Autobahn 9 im Schweizer Kanton Wallis frontal gegen die Wand einer Nothaltebucht prallte.
Vier Kindern weiter in kritischem Zustand
Die Kinder im Alter von etwa zwölf Jahren kamen aus zwei Schulen in den Orten Lommel und Heverlee im flämischen Teil Belgiens. Dort nahmen am Donnerstagabend Tausende an den Trauergottesdiensten zum Gedenken an die Opfer teil. Sechs der getöteten Schüler waren Holländer.
Der Zustand von vier verletzen Kindern ist nach wie vor kritisch, sie gelten vorerst als nicht transportfähig. Drei liegen in Lebensgefahr in der Uni-Klinik von Lausanne, das vierte in Bern. Die übrigen erlitten oft mehrfache Knochenbrüche, wie es vom Krankenhausverbund Spital Wallis hieß. Sie werden noch in Krankenhäusern im Wallis behandelt.
Die Ermittlungen zur Unfallursache laufen auf Hochtouren. Die Schweizer Polizei bezeichnete Angaben der belgischen Boulevardzeitung Het Laatste Nieuws als "reine Spekulation", nach denen der Busfahrer womöglich vom Einlegen einer DVD abgelenkt gewesen sein soll. Ausgewertete Überwachungsvideos aus dem Unglückstunnel hätten dafür keine Hinweise gegeben. Die Beamten gehen davon aus, dass eine technische Panne, menschliches Versagen oder ein akutes Gesundheitsproblem des Fahrers die Unfallursache gewesen sein könnte.