Nach Archiv-Einsturz in Köln:Schrammas Reißleine

Der Rückzug von Kölns OB Schramma war überfällig. Doch der Schritt ist keineswegs seiner Einsicht in die Übernahme politischer Verantwortung geschuldet.

Johannes Nitschmann

Dass Fritz Schramma nach der Einsturz-Katastrophe nicht mehr als Kölner Oberbürgermeister kandidiert, ist keineswegs seiner Einsicht in die Übernahme politischer Verantwortung geschuldet. Vielmehr ist der Druck der eigenen CDU in den vergangenen Tagen auf Schramma so groß geworden, dass der 61-jährige Rathauschef resigniert die Reißleine gezogen hat. Mit Schramma, der ein Mann für den Karneval, nicht aber für die Krise ist, wäre die CDU bei den kommenden Kommunalwahlen chancenlos gewesen.

Nach Archiv-Einsturz in Köln: Der schiefe Kirchturm, die Überschwemmung in der Baugrube: Beim Kölner U-Bahn-Bau wurde viel ignoriert - eine Chronologie des Wegsehens.

Der schiefe Kirchturm, die Überschwemmung in der Baugrube: Beim Kölner U-Bahn-Bau wurde viel ignoriert - eine Chronologie des Wegsehens.

(Foto: Foto: dpa)

Im Hintergrund des überfälligen Schramma-Rückzugs hat CDU-Landeschef und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Strippen gezogen. Mehr noch als die Landeshauptstadt Düsseldorf hat Köln als größte Stadt Nordrhein-Westfalens Symbolwirkung für die Landes-CDU. Eine Niederlage beim Kampf um das Kölner Rathaus wäre für Rüttgers ein schlechtes Vorzeichen für die acht Monate später folgende Landtagswahl.

Bei der Suche nach einem Schramma-Nachfolger könnten die Christdemokraten aber noch in arge Nöte kommen. Die chronisch unter Klüngel- und Parteispendenaffären leidende Kölner CDU ist heillos zerstritten. Seit Jahren lähmen Lagerkämpfe um Posten und Pfründen diese Kreispartei.

Wenn von Düsseldorfer CDU-Strategen jetzt die beiden Adenauer-Enkel Konrad und Paul für die Oberbürgermeister-Kandidatur umworben werden, dann ist dies für die Kölner Christdemokraten noch längst kein Selbstläufer. In ihrer Partei vor Ort gelten die Adenauers eher als Außenseiter, weil sie sich keinen Seilschaften zugehörig fühlen. Im Milieu des Kölner CDU-Klüngels ist solche Unentschiedenheit ein schweres Handicap - trotz des prominenten Großvaters.

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