Nach Amoklauf in Winnenden:Staatsanwalt ermittelt gegen den Vater

Verdacht auf fahrlässige Tötung: Fünf Tage nach dem Amoklauf von Winnenden hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Vater von Tim K. eingeleitet.

Nach dem Amoklauf von Winnenden läuft gegen den Vater des 17-jährigen Täters ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen. Die Polizei in Waiblingen sagte, die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe ein entsprechendes Verfahren eingeleitet.

Nach Amoklauf in Winnenden: Dieses Holzkreuz mit Trauerbekundungen stand am Montag vor der Albertville-Realschule in Winnenden.

Dieses Holzkreuz mit Trauerbekundungen stand am Montag vor der Albertville-Realschule in Winnenden.

(Foto: Foto: dpa)

Die Anklagebehörde teilte mit, dass der Amokläufer Tim K. Mitte Dezember 2008 in Vorbereitung seiner Musterung einen Musterungsvorbereitungsbogen an das Kreiswehrersatzamt ausgefüllt habe. "Hierin hat er gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von Depressionen im Jahr 2008 geltend gemacht. Als behandelnden Arzt hat er einen Arzt des Klinikums am Weissenhof benannt."

Es lägen konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Eltern Kenntnis von den gesundheitlichen Problemen ihres Sohnes hatten. "Auf diesen Umstand begründet sich der konkrete Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung. Zur Prüfung dieser Fragestellung hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren gegen den Vater eingeleitet", hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Der Vater hatte 4600 Schuss Munition zu Hause gelagert und die großkalibrige Tatwaffe entgegen der Vorschriften im Schlafzimmer aufbewahrt - und nicht im Tresor wie seine anderen 14 Waffen. Wegen fahrlässiger Tötung kann sich auch strafbar machen, wer am Tatgeschehen nicht unmittelbar beteiligt ist. Fahrlässige Tötung kann mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden - egal, ob aktives Handeln oder Unterlassen vorliegt.

Zeichen der Trauer

Zahlreiche Menschen setzten unterdessen in Winnenden ein Zeichen der Trauer: Bereits drei Kondolenzbücher lagen am Montag im Winnender Rathaus aus. Ihre starke Anteilnahme zeigten viele Schüler auch in der Nähe der Albertville-Realschule, wo eine "Gedenkwand" für Trauertexte freigegeben wurde.

Am Montag haben die Schüler der Albertville-Realschule erstmals wieder an einem freiwilligen Unterricht teilgenommen. Mehr als 150 Kinder und Jugendliche wurden mit Bussen in Gemeindehallen der Umgebung gebracht. Ihre Lehrer boten dort zusammen mit Pädagogen benachbarter Schulen und Psychologen eine Betreuung an. Ob das beschädigte Gebäude der Realschule je wieder bezogen wird, sei unklar, sagte der stellvertretende Leiters des Staatlichen Schulamts in Backnang, Wulf Bonitz.

16-jähriges Mädchen bereits beigesetzt

Nach der Beisetzung eines 16-jährigen Mädchens am Samstag sind für die nächsten Tage weitere Beerdigungen vorgesehen. Nach Informationen der Polizei sollen alle Opfer von Tim K. noch vor der zentralen Trauerfeier mit Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag beigesetzt sein.

Vier Menschen liegen noch in Krankenhäusern, darunter zwei Schülerinnen und zwei Polizeibeamte, die bei dem Einsatz in Wendlingen verletzt worden waren. Alle sind außer Lebensgefahr.

Am vergangenen Mittwoch hatte der 17-jähriger Tim K. in seiner ehemaligen Schule in Winnenden und auf der anschließenden Flucht nach Wendlingen 15 Menschen und sich selbst erschossen.

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