Süddeutsche Zeitung

Nach 27 Jahren Haft:Ehemals jüngste Insassin einer US-Todeszelle frei

Als 15-Jährige ermordete sie eine Religionslehrerin, mit 16 kam sie in die Todeszelle - jetzt, knapp drei Jahrzehnte später, ist Paula Cooper frei. Millionen Menschen hatten sich in den achtziger Jahren für die junge Frau eingesetzt. Ihren stärksten Verbündeten fand sie ausgerechnet im Enkel ihres Opfers.

Paula Cooper war 15 und stand unter dem Einfluss von Marihuana, als sie gemeinsam mit drei anderen Mädchen den Plan fasste, die 78-jährige Religionslehrerin Ruth Pelke auszurauben. Die Jugendlichen gaben vor, an Bibelstunden interessiert zu sein, woraufhin die ältere Dame sie in ihr Haus in der Kleinstadt Gary im US-Bundesstaat Indiana bat. Während eines der Mädchen draußen Wache hielt, stach Cooper 33 Mal mit einem Küchenmesser auf ihr Opfer ein. Die Beute: gerade einmal zehn Dollar.

Trotz der Schwere des Verbrechens reagierte die Öffentlichkeit entsetzt, als Cooper 1986 zum Tod durch den elektrischen Stuhl verurteilt wurde. Mit 16 Jahren war sie jüngste Person, die je in einer US-Todeszelle saß. Millionen Menschen protestierten gegen das Urteil, Papst Johannes Paul II. setzte sich direkt beim damaligen Gouverneur für eine Umwandlung der Strafe ein. In den Protest mischten sich auch Stimmen, die den Rassismus des amerikanischen Justizsystems anprangerten: Cooper sei nur wegen ihrer Hautfarbe zur Höchststrafe verurteilt worden, hieß es.

Tatsächlich umgewandelt wurde die Strafe erst, nachdem der Supreme Court 1988 die Hinrichtung von verurteilten Mördern verbot, die zur Tatzeit jünger als 16 waren. Aus der Todesstrafe für Paula Cooper wurden 60 Jahre Haft, mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung bei guter Führung.

Dies ist nun eingetreten: Am Montag hat die heute 43-Jährige das Gefängnis von Rockville in Indiana verlassen. Während ihrer Haftzeit war sie zunächst negativ aufgefallen, hatte sich dann aber verstärkt ihrer Ausbildung gewidmet. Im Jahr 2001 schloss sie ein Bachelor-Studium ab. Der Staatsanwalt, der 1986 für ein Todesurteil plädiert hatte, begrüßte die Entlassung laut dem amerikanischen Nachrichtensender CBS. Cooper habe ihre Strafe abgesessen, sie könne nun einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Erfreut über die Freilassung Coopers zeigte sich auch Bill Pelke, der Enkel der ermordeten Religionslehrerin. Er habe schon vor Jahren mit der Gefangenen Kontakt aufgenommen und sich vehement für sie eingesetzt, berichtet der US-Sender CNN. Seine Großmutter hätte gewollt, dass Paula "Liebe und Mitgefühl entgegengebracht werde". Laut Bill Pelke würde Paula Cooper ihre Tat "ungeschehen machen, wenn sie es nur könnte", zitiert CNN.

Seit 2005 ist in den USA die Todesstrafe für Menschen verboten, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren. 18 Staaten und Washington D.C. haben die Todesstrafe ganz abgeschafft. Seit den neunziger Jahren ist die Zahl der Todesurteile in dem Land stark gesunken, im Jahr 2012 wurden 43 Urteile vollstreckt.

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