Mutmaßlicher Mafia-Killer von Duisburg:Versteckt in Amsterdam

Die Polizei hat den mutmaßlichen Mafia-Killer von Duisburg gefasst. Aus Angst vor Entdeckung verließ er sein Versteck in Amsterdam fast nie

Mehr als anderthalb Jahre nach den blutigen Mafia-Morden in einer Duisburger Pizzeria ist der mutmaßliche Haupttäter am späten Donnerstagabend in den Niederlanden festgenommen worden. Wie die Polizei in Duisburg am frühen Morgen mitteilte, wurde Giovanni Strangio in Amsterdam von einer internationalen Ermittlergruppe gefasst.

Mutmaßlicher Mafia-Killer von Duisburg: Anonym in Amsterdam: Das Foto des mutmaßlichen Mörders Giovanni Strangio präsentierte die Duisburger Polizei

Anonym in Amsterdam: Das Foto des mutmaßlichen Mörders Giovanni Strangio präsentierte die Duisburger Polizei

(Foto: Foto: AP)

Rund eine Million Euro fand die Polizei im Versteck des mutmaßlichen Mafia-Killers Giovanni Strangio, einen Berg falscher Pässe und "natürlich" ein Waffe. Dennoch lebte der 30-Jährige, der wegen der sechs Mafia-Morde von Duisburg europaweit gesucht wurde, fast wie im Gefängnis. Aus Angst vor Entdeckung verließ er seinen Unterschlupf in in einem gutbürgerlichen Wohnhaus in Amsterdam fast nie.

Haare blond gefärbt

Während der mehrtägigen Observation sei Strangio nur ein einziges Mal kurz auf die Straße getreten, um seiner Frau zu helfen, Einkäufe hineinzutragen, berichtete Kriminaldirektor Holger Haufmann am Freitag in Duisburg. Dieses Verhalten sei typisch für "Latitanti", von der Polizei gesuchte Mitglieder der Mafia. "Wenn diese Menschen untertauchen, lassen sie sich kaum noch bei Tageslicht sehen. Die kommen nicht mehr raus aus ihren Bunkern. Sie begnügen sich damit, auf kleinstem Raum zu leben", berichtete Haufmann. Für ihn stelle sich die Frage, wie lebenswert eine solche Existenz überhaupt noch sei, sagte der deutsche Fahnder.

Dabei war die Gefahr, erkannt zu werden, wohl eher gering. Selbst die Fahnder konnten Strangio, der sich die Haare blond gefärbt hatte und eine andere Frisur trug, unter seiner tief ins Gesicht gezogenen Baseball-Kappe nicht mit Sicherheit identifizieren.

Dass sie auf der richtigen Spur waren, verriet ihnen nur die Tatsache, dass er von seiner 23-jährigen Frau und seinem zweijährigen Sohn begleitet wurde. Strangio gilt als Hauptverdächtiger für das Mafia-Massaker von Duisburg. Im Fluchtauto wurde seine DNA direkt neben Schmauchspuren gefunden. Außerdem wurden Telefongespräche abgehört, in denen er vor der Tat eine Abrechnung angekündigt hatte.

Wenige Tage vor dem Massaker soll er versucht haben, in Deutschland Großraum-Magazine für die bei der Tat verwendeten Schusswaffen vom Typ Beretta 93 R zu kaufen. Hintergrund der Tat soll eine Mafiafehde gewesen sein - und Blutrache. Eines der Opfer des Duisburger Blutbades, der 25-jährige Marco Marmo, soll am 25. Dezember 2006 im kalabrischen San Luca eine Verwandte von Giovanni Strangio erschossen haben.

In der Fünf-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im bürgerlichen Amsterdamer Stadtteil Diemen lebte Strangio zusammen mit seiner 23jährigen Frau, dem gemeinsamen zweijährigen Sohn sowie seinem in Italien zu neun Jahren Haft verurteilten Schwager Francesco Romeo und dessen Ehefrau Theresa.

Auf sie konnte sich Strangio uneingeschränkt verlassen. "Die Bekämpfung der 'Ndrangheta ist so schwierig, weil wir es hier mit familiären Strukturen zu tun haben. Wer Mittäter verpfeift, verpfeift Verwandte. Das findet so gut wie nie statt", berichtete Haufmann.

Familienbande wurden Strangio zum Verhängnis

Doch diese ausgeprägten Familienbande waren es auch, die Strangio letztlich zum Verhängnis wurden. Auf seine Spur kamen die Fahnder, als drei Schwestern Strangios im November vergangenen Jahres nach Amsterdam reisten. Aufwendige Observationen zeigten dann, dass Amsterdam offenbar zu einem regelrechten Rückzugsraum für die 'Ndrangheta geworden war.

Bereits im November vergangenen Jahres wurde dort im Zuge der Ermittlungen der in Italien zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilte Giuseppe Nirta festgenommen. Er ist ebenfalls ein Schwager von Strangio.

Die Festnahmen von Amsterdam könnten den entscheidenden Durchbruch bei den Ermittlungen im Fall des Duisburger Massakers darstellen. Denn die Fahnder halten es für möglich, dass Strangio bei dem Massaker von einem seiner beiden in Amsterdam festgenommen Schwager unterstützt wurde.

Das Trio habe in der Vergangenheit bereits wiederholt bei kriminellen Aktionen zusammengearbeitet, sagte der Leiter der Mordkommission, Heinz Sprenger. Aufschluss könnte eine DNA-Spur des zweiten Täters geben, die im Fluchtwagen gefunden wurde. Sie soll nun mit Speichelproben Romeos und Nirtas verglichen werden. Bei der Festnahme von Strangio und Romeo ging das niederländische Spezialeinsatzkommando jedenfalls kein Risiko ein und stürmte die Wohnung ohne Vorwarnung. "Bei Personen, die für einen Sechsfach-Mord in Frage kommen, klopft man nicht an die Tür", sagte Haufmann.

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