Musiker zu möglicher Unabhängigkeit Schottlands:"Wir Schotten haben nie ein WM-Finale verloren"

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Blechschaden-Dirigent Bob Ross. (Foto: privat)

"Blechschaden"-Dirigent Bob Ross ist stolzer Schotte - und für die Unabhängigkeit seiner Heimat. Seine englische Ehefrau hat er auch schon überzeugt. Im Interview erzählt er, wieso die Schotten in der EU bleiben wollen und was das alles mit Pandabären zu tun hat.

Von Annette Zoch

Bob Ross, 60, ist Hornist der Münchner Philharmoniker. Viel bekannter ist er aber als Gründer und Dirigent des Ensembles " Blechschaden". Er wurde in Kirkcaldy in Schottland geboren und hat am Royal College of Music in Glasgow studiert. Ein Stipendium des DAAD brachte ihn nach Deutschland. Wenn Schottland am 18. September über die Unabhängigkeit von Großbritannien abstimmt, darf er nicht mitwählen, weil er in München lebt. Aber er hat trotzdem eine klare Meinung.

SZ.de: Mister Ross, Sie sind glühender Verfechter der Unabhängigkeit Schottlands. Warum?

Bob Ross: Es geht um Fairness. Dass wir für unsere eigenen Angelegenheiten einstehen können. Ein Beispiel: Wir haben mehr Pandas im Zoo in Edinburgh als konservative Abgeordnete. Nämlich zwei. Nicola Sturgeon, die Vizechefin der Scottisch National Party, hat mal gesagt: Wenn wir in Großbritannien bleiben würden, könnten theoretisch bei der Parlamentswahl alle Wähler in Schottland für Labour stimmen. In London würden wegen des Mehrheitswahlrechts trotzdem die Konservativen regieren. Wir können nie die Regierung bestimmen, die uns wirklich repräsentiert. Schottland hat eine andere politische Tradition, Schottland war immer sozialdemokratisch geprägt. Aber Labour hat jetzt richtig Angst.

Warum?

Wenn die schottische Unabhängigkeit kommt, hat Labour ein Problem. Die treuesten Labour-Wähler sitzen in Schottland. Viele berühmte Labour-Politiker kommen aus Schottland. Gordon Brown zum Beispiel, der frühere britische Premierminister. Der war bei mir im Schulorchester. Als ich ihn zuletzt getroffen habe, habe ich zu ihm gesagt: "Wenn Du mehr Geige geübt hättest, hättest Du einen besseren Job gefunden."

Was versprechen Sie sich von der Unabhängigkeit?

Wir wollen ein atomwaffenfreies Land. Wir wollen das Verhältniswahlrecht. Wir wollen unser Gesundheitssystem. Und wir sind für die EU und für Europa. In England ist die UKIP stark, da wird ernsthaft über einen Ausstieg Großbritanniens nachgedacht - aber das wollen wir Schotten nicht! Wir wollen drinbleiben. Wenn man in Edinburgh ins schottische Nationalmuseum geht, ist dort ein Originalbrief von Braveheart ausgestellt, also von unserem schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Darin schreibt er schon vor Jahrhunderten an die Hansestädte, an Bremen und Hamburg, und möchte mit ihnen Handel aufnehmen. Die Schotten waren immer schon dem Kontinent zugewandt.

London droht mit dem Rauswurf Schottlands aus dem Pfund, sollte es mit Ja stimmen.

Da frage ich mich: Wem gehört denn das Pfund? Ist das ein englisches Pfund oder ein schottisches Pfund? Nein, das ist das britische Pfund! Es gehört Schottland genauso wie England. Ich halte das für "bullying" - kennen Sie das Wort, wie sagt man auf Deutsch dazu?

Schikane?

Genau. Diese Charaktertypen in der Regierung in London, die waren alle früher auf dem Elite-College Eton. Die haben da ein bisschen diese Mentalität aufgeschnappt, früher haben sie den anderen auf dem Schulhof eben den Ball weggenommen und jetzt ärgern sie uns so. Oder schauen Sie sich mal Alistair Darling an.

Der ehemalige Schatzkanzler von Brown?

Der Labour-Mann ist ja der Chef der "Better Together"-Kampagne. Von ihm gibt es YouTube-Aufnahmen, da ist er noch ein kleiner schottischer Politiker und spricht breitestes Schottisch. Inzwischen hat er auch diesen Upper-Class-Akzent. Das kommt bei den Leuten nicht gut an. Er hat seine Identität verloren und die Schotten haben Angst, dass Ihnen das auch passiert.

Sie können sich richtig aufregen bei dem Thema.

Ich bin wirklich kein Experte für Wirtschaft und Politik, ich bin ein Musiker. Normalerweise bin ich ein lustiger Mensch, aber wenn ich über die Unabhängigkeit rede, dann werde ich ernst. Es geht mir nicht um plumpen Nationalismus und Rivalität. Es geht mir um common sense. Ich mag die Engländer, ich komme gut mit ihnen zurecht. Meine Frau ist ja auch Engländerin.

Wie steht sie zu der Frage? Gibt's Ehekrach im Hause Ross?

Aber nein, die ist natürlich für die Unabhängigkeit! Meine ganze Familie! Mein Sohn hat vor kurzem geheiratet, mein Enkel kommt im März. Wir sind jetzt alle gespannt, ob es ein UK-Baby wird oder ein schottisches. Auf der Hochzeit habe ich in meiner Rede gesagt, wenn es dieses Mal nicht klappt mit der Unabhängigkeit, dann lassen wir mal die Engländer wählen, und dann sind wir sie auf jeden Fall los.

Ihr Tipp für das Spiel Deutschland - Schottland am Sonntagabend?

Also ich sage immer: Ihr seid vielleicht aktuell Weltmeister. Aber wir Schotten haben im Gegensatz zu euch noch nie ein WM-Finale verloren.

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