Mordprozess in Oldenburg:Krankenpfleger muss lebenslang ins Gefängnis

  • Ein ehemaliger Krankenpfleger ist vom Landgericht Oldenburg zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
  • Während des Prozesses hatte der 38-Jährige gestanden, 90 Patienten am Klinikum Delmenhorst eine Überdosis eines Herz-Medikaments gespritzt zu haben. Bis zu 30 Menschen sollen zwischen 2003 und 2005 daran gestorben sein.
  • Eine Sonderkommission ermittelt in 200 weiteren Fällen.

Lebenslange Haft für 38-Jährigen

Das Landgericht Oldenburg hat einen ehemaligen Krankenpfleger zu lebenslanger Haft verurteilt. Er musste sich wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs verantworten. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Dadurch ist ausgeschlossen, dass die Reststrafe nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Gestanden hat der Mann im Prozess die größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte: 90 Patienten spritzte er nach eigenen Angaben am Klinikum Delmenhorst eine Überdosis eines Herz-Medikaments. Bis zu 30 Menschen sollen zwischen 2003 und 2005 daran gestorben sein. Der Anklage zufolge wollte er die Opfer wiederbeleben, um sich vor Kollegen als Retter aufspielen zu können. Die Menschen waren Spielfiguren für Sie - in einem Spiel, in dem nur Sie gewinnen und die anderen alle verlieren konnten", sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten zuvor eine lebenslange Haftstrafe für den Mann gefordert.

Sonderkommission prüft 200 Verdachtsfälle

Erst im Laufe des Verfahrens gab es Hinweise darauf, dass die Dimension des Falls deutlich größer sein könnte. Eine Sonderkommission der Polizei prüft mehr als 200 Verdachtsfälle am Klinikum Delmenhorst und anderen früheren Arbeitsstätten des Mannes in Oldenburg, Wilhelmshaven und bei den Rettungssanitätern. Die Polizei will in den kommenden Wochen acht Leichen exhumieren und auf Spuren des todbringenden Herzmedikaments untersuchen lassen. Für vier weitere Exhumierungen liegen bereits Genehmigungen vor. Die Ermittlungen werden voraussichtlich noch viele Monate in Anspruch nehmen. Am Ende könnte ein neuer Prozess gegen den Ex-Pfleger stehen.

Vorwürfe gegen Behörden

Es gibt aber auch Vorwürfe gegen die Behörden: Die Familien der Opfer werfen der Staatsanwaltschaft schwere Versäumnisse vor. Das Landgericht hatte den Mann 2008 wegen Mordversuchs an einem Patienten zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Schon damals gab es Hinweise darauf, dass deutlich mehr Taten auf sein Konto gehen könnten. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungspannen eingeräumt. Gegen zwei früher zuständige Mitarbeiter besteht der Verdacht der Strafvereitlung im Amt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: